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Ein Hohepunkt

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In der Albertina: Albrecht Altdorfer und die Donauschule

Wir hoffen, daß die neue, Albrecht Alt-dorfer und den anderen Meistern der „Donauschule“ gewidmete Ausstellung der Albertina die hohen Besuchsziffern aufweisen wird, die sie verdient; denn diese Exposition, in dem der Albertina eigenen sachlich-noblen Stil gehängt und geordnet, blättert eines der packendsten und zugleich liebenswürdigsten Kapitel der europäischen Kunstgeschichte auf — und gewährt zum anderen eingehende Kenntnis über eine jener Zeitspannen, in denen die österreichische Malerei, und mit ihr die Graphik, in Werken von wahrhaft internationalem Rang kulminierte.

Es ist schon so: die Kunst unserer Heimat kannte früher keine langen, sich über Jahrhunderte hinziehenden Perioden einer gleichmäßigen Entwicklung, wie sie der beharrlicheren niederländischen, der glücklicheren italienischen und der besser dotierten französischen Kunst beschieden waren. Sie erlebte, wenn der Zeitgeist ihr hold war, unvermutete und im Grunde unfaßliche Höhepunkte. Dann versank sie, so unvermutet, wie sie aufgetaucht war. Drei oder vier Jahrzehnte lang konnte da Osterreich einen Fruchtboden bilden, auf dem die Kunst in vielen Gestaltungen prächtig aufblühte, der aus Norden und Süden schöpferische Begabungen magisch anzulocken wußte — um dann plötzlich und ohne rechte äußere Ursache In einen erholsamen Kunstwinterschlaf zu versinken, ehe er nach ungewisser Pause in Fülle neue Frucht trug.

Diese verwirrende Abfolge von langen Intervallen des Schweigens und kurzen Zwischenspielen schneller Entfaltung haben erst in den letzten zwei Jahrhunderten einem regelmäßigeren Rhythmus Platz gemacht; die Pausen sind kürzer und seltener, die Zwischenspiele länger geworden. Und seil etwa siebzig Jahren befindet sich die österreichische Malerei bemerkenswerterweise in einer nicht mehr unterbrochenen Entwick-lungsporiode. Aber davon ist bei anderer Gelegenheit zu sprechen. Einen solchen Höhepunkt also brachten die Jahre zwischen 1510 und 1550. Pacher und Frueauf hatten ihn vorbereitet, Dürer war über die Alpen gezogen und hatte mit seinen Reiseaquarellen entscheidende Anstöße gegeben, Jörg Breu und Cranach kamen herbei, der große Regensburger Albrecht Altdorfer hielt sich mit seinem Bruder wiederholt in Österreich auf, dessen Landschaft seinem Werk Thematik und Prägung gaben; im Kloster Mondsee übersetzte eine ganze Künstlerschule den neuen Stil — welch einen Stil! — in Holzschnitte, in Zwettl und Mauer entstanden die riesenhaften Altäre im Stil der .Donauschule“. Welch ein Stil! Strotzend von natürlicher Kraft, öffnete er sich der Natur, dem Gewächs, den Aufgipfelungen der Gebirge, den Wolkenschauspielen des Himmels. Er bildete menschliche Gesichter und Figuren, als wären sie Landschaften, zeichnet Bäume, in denen das Kreisen der Säfte sichtbar ist. Mit frommer und wilder Sehnsucht gab er sich der Anschauung der Welt hin, der Liebe zur Schöpfung — in Ausbrüchen der Innigkeit. Man versäume sie nicht, diese Ausstellung.

In der Zedlitzgasse zeigen einige Mitglieder der .Gemeinschaft der bildenden Künstler“ eine Ausstellung, die durch ihre Unausgeglichenheit im ganzen wie im Schafi fen eines jeden einzelnen überrascht: Doktor S a oh s weist auf der einen Seite einige annehmbare Großstadtaquarelle, auf der anderen Seite malerisch ungenießbare Expressionen vor. Von Emma H ö n i g -P i s t a-t ö r haben wir aber schon weitaus Schöneres gesehen; Thomas Stembergers kleine Plastiken heben sich vorteilhaft von den anderen ab, Brunners Freskenentwürfe sind bei aller Ambition handwerklich noch mit Mängeln behaftet, während Rosa Pohnert einige passable Pastelle vorweist. Der Kräftigste scheint nach wie vor Franz Horvath zu sein — er hat einen guten Blick für Realitäten, aber eine Hand, der man bisweilen etwas von der sorglichen Ängstlichkeit mancher seiner Vereinskollegen wünschen möchte.

Eduard Gaertner stellt dem Publikum in der Galerie W ü r t h 1 e (Weihburggasse) eine Kollektivschau vor: sehr viele Pressezeichnungen von flottem, wenn auch nicht besonders charakteristischem Strich. Blendend die politischen Karikaturen aus den ersten dreißiger Jahren — man bedauert, daß die Originale verbrannt sind. Einige Aquarelle runden die Ausstellung ab.

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