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Englische Autoren in Linz

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Zu den meistgespielten Dramen des großen irischen Spötters Georg Bernard Shaw gehört seine 1900 entstandene „Historie in fünf Akten, Cäsar und Cleopatra“. Die reichlich verspätete Linzer Erstaufführung in den Kammerspielen leidet unter der Raumnot der Bühne. Hannes Rader half sich so gut es ging, indem er den Orchesterraum mit einbezog. Er sorgte für ein werkgerechtes Bühnenbild und farbenprächtige • Kostüme. An dem Mitglied des Linzer Bruckner-Orchester Adolf Scherbaum fand man den Komponisten einer unaufdringlichen Bühnenmusik. Gerhard Knick straffte das .Stück und sorgte für eine gediegene Ensembieleistung. Für die Hauptrolle wurde wieder Albert Lippert gewonnen. Er spielt den Cäsar wohl etwas müder, greisenhafter als üblich, als den über den Menschen und Dingen stehenden Weisen, nicht nur als den klugen, gewandten Politiker. Maria Falkenhagen bringt als Cleopatra den Wandel vom furchtsamen Mädchen, das vor Cäsar flieht und ihm dabei in die Arme läuft, zur selbstsicheren orientalischen Königin sehr wirksam. Elfriede Gollmann gestaltet als ihre Amme eine Frauenpersönlichkeit, die fast männliche Energie mit orientalischer Unterwürfigkeit

glaubhaft verbindet. Für gedämpften Humor sorgen Werner Englert als leichtlebiger, geschäftstüchtiger Sizi-lier Apollodorus und Bernd Rip-ken als nicht nur blaublütiger, sondern auch blauhäutiger Britannicus, die englische Reserviertheit und Steifheit karikierend. Mit guten Leistungen sind noch zu nennen Manfred Scheibler als robuster römischer Feldherr Rufio und die Herren Geiger und Gensichen als Vormund und Erzieher des zehnjährigen Ptolemäus, den die junge Carmen Frate bestens verkörpert. Trotz guter Leistungen des gesamten Ensembles kam der zündende Kontakt mit dem Premierenpublikum nicht zustande. So gab es wohl verdienten Beifall, der aber keine Sturmstärke erreichte.

Das Linzer Kellertheater bringt zur Eröffnung eine deutschsprachige Erstaufführung. Der Autor Ray Butler, ein 36jähriger Engländer, schrieb bis jetzt drei Stücke, die in einem Klubtheater des Londoner Westends aufgeführt wurden. Für das zweite „The player“, in der deutschen Übersetzung von Wilhelm Werner „Die Eingepferchten“, erhielt er einen englischen Literaturpreis. Dieses nun in Linz gezeigte Stück ist unerfreulich, so unerfreulich, wie sich vielfach in England und in den USA nach in der letzten Zeit ververöffentlichten Berichten und Statistiken die Verhältnisse in Jugendkreisen gestalten. Man kann verstehen, daß ein Schriftsteller versucht, von der Bühne her auf diese bedrohlichen Gefahren ' hinzuweisen. Man muß gegen ihn aber einwenden, daß er nicht einmal den Versuch macht, einen Weg zu zeigen, daß die Nöte vielmehr auch über ihn zusammenschlagen. Helmut Ortner sucht in seiner Regie zu straffen, zu Krasses herauszustreichen oder doch zu dämpfen und die Spieler zu einem wirksamen Ensemble zu schließen, was bei diesem schillerndem, diffu-

sem Stück wirklich nicht leicht ist. Von den Darstellern ist an erster Stelle zu nennen Franz Danner, dem es gelingt, den Michael Peach, einen in mehrfacher Hinsicht haltlosen Trinker, glaubhaft auf die Bühne zu stellen. Auch die gerade im englischen Raum vielfach als Allheilmittel angesehene psychotherapeutische Behandlung in geschlossener Verwahrung (daher der Titel) versagt. Wieweit sie seinem unnatürlich veranlagten Freund Joe, gut charakterisiert von Ewald Fürst, helfen kann, bleibt dahingestellt. Helene Reissert, .gibt, der t profillosen Mutier Peach, die von echter Mütterlichkeit ebenso; weit entfernt ist wie von echter Gläubigkeit, Bühnenprofil. Sieglinde Ziegler verkörpert die trinkfeste Schwester Michaels, Ulla Dumphart, dessen ebenso haltlose wie hemmungslose Braut. Autor und Regie stimmen darin überein, daß alle Personen des Stückes von Ekel über ihre Haltlosigkeit erfüllt sind. Das ist der Lichtblick in dem gut aufgeführten Stück.

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