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Film um Bruckner

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Die Filmzeitschrift „Mein Film“ veröffentlicht folgende Notiz:

„W er fehlt eigentlich noch? Nun wird audi die Lebensgeschichte des norwegischen Komponisten Edward G r i e g in Hollywood verfilmt. Beethoven, Meyerbeer, Verdi, Mozart, Berlioz, Tschaikowsky, Chopin, Schubert, L e h a r, alle wurden (oder werden jetzt) , Filmhelden. Wer felilt eigentlich nodi in dieser langen Reihe des verfilmten Welt-ruhms? Man denkt zwangsläufig an Richard Wagner, über dessen Lebens- und Liebesschicksal früher in allen Büros der deutschen Produktionen ein Manuskript lag.“

Daneben steht in hervorstechender Aufmachung:

„Continental-Film dreht ,Der Musikant Gottes.' Die Continental-Film-Vertriebs-; und Verleihgesellschaft hat ihrer Firma eine Produktion angegliedert, deren Leitung in den Händen von Friedrich Lichtneker liegt. Es ist die Herstellung von drei Filmen geplant. Der erste, „Der Musikant Gottes“, behandelt einen Bruckner-Stoff (Buch und Regie Fr. Lichtneker). Die Haupt/olle soll von Josef Meinrad verkörpert werden, die musikalische Bearbeitung besorgt Professor Robert Fanta, die Bauten errichtet Architekt Felix Malecky. Mitwirkend: die Wiener Philharmoniker unter Robert Fanta.“

Also schon eine Antwort auf die nebenan gestellte Frage, und zwar eine, die Beachtung erheischt. Die Wagner-Filme sind immerhin bislang ungedreht, und auch die immer wieder auftauchenden Bruckner-Film plane sind einstweilen unausgeführt geblieben. Nun scheint es aber ernst werden zu wollen. Die Erfahrung lehrt, daß es wohl kaum möglich ist, durch den Film Verständnis für die wesentlichen Werte der Musik eines großen Meisters anzubahnen, wohl aber, daß fast immer eine Verfälschung durch Veräußerlichung und Verkitschung erreicht wird. Und nun besonders Bruckner! Welches Musikers Lebenslauf wäre wohl „unfilmischer“ als gerade der Bruckners, und wessen Kunst stünde zur Äußerlichkeit des Films in stärkerem Gegensatz als die seine? Es ist schlechterdings unmöglich, Bruckners Mystikerweg an äußeren Geschehnissen seines Lebens sichtbar zu machen. Um so m“ißverständlicher müßten die oft absonderlichen und schrulligen Details dieses Lebens und seiner Lebensführung wirken. Oder will man etwa die Cliquenkämpfe jener Zeit um Bruckner und Brahms, die noch bis in die jüngste Bruckner-Literatur so unglückselig nachwirken, auch noch auf der Leinwand „verewigen“, statt sie um der Kunst willen endlich durch Vergessen zu überwinden? Nein, wem es wahrhaft und ehrlich um Bruckner zu tun ist und wer es überdies gut meint mit dem österreichischen Film, der kann nur wünschen, daß auch dieser Bruckner-Film ein unausgeführtes Vorhaben bleiben möge.

Schall und Rauch?

Es war nicht immer Schall und Rauch. Es gab Jahre, da war der Name, der Vorname eine laute Demonstration. Es war die Zeit der Horst, Claus-Peter, Hans-Dieter, der Karin und Waltraute, da der Reichsmarschmusikant Niel den ganzen neuzeitlichen Namenskalender der Soldatenbräute in klobigen Rhythmen vertonte. Es ist stiller und stiller geworden um germanische Alttümeleien oder gewagte Namensneuschöpfungen. Schlägt man heute die Matriken 1945 bis 1947 in Wiener Arbeitervierteln oder inneren Bezirken auf, so ist eine erfreuliche Renaissance der alten christlichen Namen festzustellen. Ziemlich rasch ist die Flut der Jahre 1938 bis 1945 abgeebbt. Wenn heute nodi vereinzelt Arnold-

Dieter, Gert, Hans-Jürgen oder Gundrid auftauchen, dann zumeist bei Spättaufen für Nachwuchs aus den Jahren 1942 bis 1944. Der Vermerk in den meisten dieser Fälle „Eltern gottgläubig“ ist ein Stück Zeitgeschichte von gestern .. .

Eine andere eigentümliche Beobachtung haben übereinstimmend einige Pfarrämter in Wien gemacht. Der suggestive Einfluß des Films, dem einfache Menschen ungleich mehr unterliegen als Menschen mit größeren Bildungsreserven, * hat auch zu kindlichen Nachahmungen der hochklingenden Starpseudonyme geführt. Nur so ist es zu erklären, daß jüngere Eltern gerade einfacher

Berufsschichten für ihre Kinder Namen wie Gloria, Rita-Dolores, Sonja und Marlene wählen. In den sozial höheren Schichten ist dagegen der einfache Name die Regel, doch gibt es ganz vereinzelte auch in „besseren Kreisen“ romantische Anklänge, wie Jo-lanthe und Dagmar.

Die Regel sind aber schon heute wieder die schlichten, altgewohnten Namen. So findet auch hierin das Leben zu festeren Fundamenten zurück. Nur noch ein paar Generationen lang werden die unschuldigen Namensträger aus den Jahren 1938 bis 1945 die Zeichen einer Zeit bombastisch-theaterhaften Teutonentums herumtragen.

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