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Filme der groben Angst

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Eine Stadt hält den Atem an“ und „Epilog“

Es wäre noch trauriger, als es ist, um den Film bestellt, wenn er die Augen vor dem großen, größten Thema der Zeit ganz verschließen würde: vor der Angst. Er entledigt sich der Aufgabe in diesen Tagen auf seine Art, in zwei exakten, talentierten Vorstudien, welche die ungeheuren Möglichkeiten des ungeheuren Themas andeuten. Die englische Korda-Produktion, die mit dem Film „Staatsgeheimnis“ die Schwenkung in die Politik vollzog und als einträglich erprobte, setzt nunmehr in „Seven day6 to Noon“ („Eine Stadt hält den Atem an“) diese Linie erfolgreich fort und macht aus der unheimlichen Geschichte von dem Manne, der im Besitz der Atombombe die ganze Metropole in Schach hält, einen scharfprofilierten spannenden Edel-Thriller. Der tiefen Wurzel der Angst näher kommt Käutners deutscher Film „Epilog“, in dem er Leonhard Franks großartiges Motiv aus dem Letzten Wagen“, die Nacktheit der menschlichen Seele im Angesicht des Todes, in modernstes Milieu, auf die untergangsgeweihte Jacht eines gerissenen Waffenschmugglers mit seinen sauberen Gästen überträgt. Szenen aus dem unvergessenen „Atlantic“-Film klingen an, manche führen darüber hinaus, viele bleiben in ihrer intellektuellen Ertüfteltheit dahinter zurück. Wie auch sonst beide Filme bei allem achtungswerten Niveau eine gewisse 'kommerzielle Kühle und innere Leere verraten, die dem tödlichen Ernst des Themas nicht gerecht werden. Sie mögen, obwohl nur Ummünzungen der tiefen menschlichen Not, einem heilsamen Zweck dienen. Die Heilung selbst muß aus tieferen Schichten kommen. Wir werden in einigen Wochen zu prüfen haben, welche Antwort der deutsche Film „Der fallende Stern“ aus christlicher Haltung heraus auf die große Frage zu geben hat.

Die starke Belastung des Gemüts durch Gewichte gleichen in diesem Wochenprogramm zwei heitere deutsche Filme aus, König für eine Nacht“ und „Meine Nichte Susanne“, der erste mehr durch den Charme des Hauptdarstellers, der zweite durch hübsche Stiltändeleien wirkend; beide von jener graziösen Amourösität, die niemals ein Casus belli zu sein braucht.— .Rausch-giftbrigade“ (amerik.) geht noch an; es ist noch besser, wenn die Kinder Räuber und Gendarm als Krieg und Sieg spielen... , .

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Der amerikanische Film „Marie An toi-nette“ war vor etwa dreizehn Jahren da% was man althocfafilmisch einen Riesensupermonsterfilm genannt hat. Die Fabel bleibt der verborgensten Tragik und dem oberflächlichsten Effekt nichts schuldig: dafür haben schon die weißperückten sowohl wie die rotbemütz-ten Damen und Herren der Jahre 1792/93 persönlich und ausgiebig gesorgt. Zusammen mit einem gesegneten Aufwand Von Bauten und Kostümen, Komparsen und Stars mußte das; einen Film ergeben, der sich gewaschen hat-Und das war wohl auch damals der Fall. Ob allerdings schon seinerzeit die Gespräche der Liebenden von dem zeitgenössischen Publi kum mit wieherndem Gelächter begrüßt worden sind, läßt sich heute schwer mehr sagen. Ich möchte es — auch angesichts der jetzt vorliegenden Übertragung ins „Platt“ deutsche — bezweifeln. Denn an diesem Film wird wieder offenbar, daß sich nicht nur der sichtbare Gestus, sondern auch der Sprachduktus der Menschen schon in einem Jahrzehnt gewaltig ändert. Die Jungen zwitschern niemals so, wie die Alten gesungen... Wir ahnten das schon immer, aber die Konservierung und riesenhafte Vergrößerung des Wortes durch den Tonfilm hat es exakt erwiesen.

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