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Keine jugoslawischen Methoden

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, Preisgestaltungschef Prof. B. Csi- kos-Nagy sagte mir klipp und klar, daß Ungarn zur Zeit nicht daran denke, jugoslawische Methoden einzuführen. Es ist daraum auch fraglich, ob die im Ruf der Tito-Freund- lichkeit stehenden Politbüromitglieder Z. Komocsin und S. Gaspar demnächst richtig zum Zuge kommen, obgleich der jugoslawische Chefdelegierte und Spitzenpolitiker Doktor V. Bakaric zwischen den Parteitagskulissen klargemacht hat, daß die Europapläne von Janos Kadars Außenminister ohne das Belgrader Mindestmaß an Entgegenkommen gegenüber der nichtkommunistischen Welt im Bereiche der Illusion verbleiben müßten. Außenpolitisch vermag man natürlich schwer das zu bieten, was man sich 1966 auf der inneren Ebene versagen mußte. Das landesväterlich ermutigende, Vertrauen erweckende, von 1962 bis 1965 profilierte politische Antlitz Janos Kadars ist nämlich seit Jahresbeginn verblaßt. Beteuerungen, wonach die KPU-Linie des VIII. Kongresses 1962 unverändert und unverfälscht verfolgt worden wäre, sind durch die Alltagspraxis des laufenden Jahres Lügen gestraft worden. Einer namentlich nicht bezeichneten Linksgruppe. B. Biszku hat auf ihre Handlanger hingewiesen, ist es gelungen, die Regimezügel mit dem Argument zu straffen, wonach die Bevölkerung im Jahre des empfindlichen Preisauftriebes und des zehnten Revolutionsjubiläums mit harter Hand gefügig gemacht werden müsse, um Unruhen zu verhüten. An stelle der Auflehnung ist daher in der Pußta Verwirrung und stilles Grollen getreten.

Die bösen Geister

Von den bösen Geistern erschreckt, die der Budapester Machtapparat 1966 beschworen oder geduldet hat, versuchte Chefideologe I. Szirmai diese Elemente wieder zu bannen. Worte allein dürften indessen kaum dazu genügen, um die Nutznießer einer mutwillig entfachten Alarmpsychose in dlie ihren bescheidenen Fähigkeiten entsprechenden Schranken zu verweisen. Man hat zur Einschüchterung der Öffentlichkeit antiwestliche Spionage- und Agentenschauen aufgezogen und dabei die lächerlichsten Pannen erlebt. Jugendlichen wurde strafrechtlich zur Last gelegt, daß sie für Ungarn die Neu tralität nach schweizerischem Muster angepriesen und ersehnt hatten. Katholische Priester kamen unter verschiedenen Anschuldigungen hinter schwedische Gardinen. Im Gegensatz zur Praxis der anderen Ostblockstaaten müssen ab 1966 alle ungarischen Burschen mit 18 ohne Aufschubmöglichkeit für ein bis zwei Jahre einrücken, um schon im unfertigen Alter seelisch sowohl wie auch körperlich scharf geschliffen zu werden. Mit der westlichen Weltpresse, die Janos Kadar vor vier Jahren noch vom Rednerpult her wegen ihrer sachlichen Ungarnberichterstattung gelobt hatte, gibt es in jüngster Zeit auch Ärger. Ab 1. Jänner 1967 werden, zum Beweis dafür, die bisherigen Budapester Akkreditierungen der Wiener Ausländskorrespondenten abgeschafft. Viele dieser Journalisten klagen übrigens darüber, daß die Visum- praxis des Kadar-Regimes 1966 unvergleichlich mühsamer geworden ist als jene der Tschechoslowaken oder der Rumänen.

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