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Der Glaube der Kinder

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Der Glaube des Kindes ist gar nicht so sehr Einzelglaube und ein abgeschlossenes Tun, sondern vielmehr eine Art Mitglaube mit den Eltern und der gläubigen Mitwelt, eine Teilnahme am Glauben der Gemeinschaft. Der Glaube des Kindes ist eingebettet in den Glauben der Gemeinde und von ihr getragen. So konkret nun das Leben der Gemeinde ist, in die das Kind eingewiesen wird, so konkret ist auch die Hilfe der Gemeinde für den Glauben des Kindes und die Angewiesenheit des Kindes auf sie.

Üur der Erwachsene, der sich selber zu helfen und zu verantworten imstande ist, kann die stärkste Verbundenheit von Mensch zu Mensch eingeben, nämlich einen anderen zu tragen. Der Erwachsene gibt durch seihe voraussetzungslose Liebe dem Kind die Geborgenheit und Sicherheit seiner Existenz, in der es im Vertrauen auf den Erwachsenen sein Leben leben kann. Wegen dieser bestimmenden Liebe des Erwachsenen lebt das Kind sein Dasein im Hören auf den Anspruch eines anderen. So sind Erwachsene und Kinder gerade in all dem, worin sie verschieden sind, aufeinander bezogen, nämlich in ihrem „Erwachsen”- und in ihrem „Kindsein”.

Nur wenn das Kind als Person auf diese Art getragen wird, kann sich der Glaube des Kindes entfalten. Das Kind vertraut dem Wort der Eltern, nur weil es die Eltern gesagt haben. Es kennt zunächst noch keine andere Autorität, selbst die Autorität Gottes erfährt es über die Autorität seiner Eltern oder Erzieher. Wenn die Kinder aber nicht durch das Leben „ihrer” Erwachsenen in den Glauben eingeführt werden, bleibt er in ihnen verschlossen. Gott, der das Kind den Eltern gegeben und ihnen anvertraut hat, will das Kind auch im Glauben erhalten durch den Glauben der Eltern. Das Kind lebt im Vertrauen und in der Gemeinschaft mit den Eltern, und so und darin auch im Vertrauen und in der Gemeinschaft mit Gott. In diesem persönlichen Verhältnis liegt für das Kind der einzige Weg zu seinem Gott, den es nur in der Liebe und Ehrfurcht seiner Eltern vor ihrem Gott erfahren kann.

Die Gestalt des Kinderglaubens ist demnach die des Vertrauens, ein Vertrauen zu Gott, das den Kindern aus ihrem Vertrauen zu den Eltern erwachsen ist. Nehmen die Kinder bei ihren Eltern wahr, daß sie in Ehrfurcht vor Gott leben und Ihm vertrauen, so bestimmt das Verhältnis der Eltern zu Gott auch das Verhältnis der Kinder zu Gott — und rückwirkend auch wieder zu ihren Eltern. Die Eltern sind nicht das ausschließliche Schicksal ihrer Kinder, aber das Kind nimmt in seiner Tiefe nur von dem Erwachsenen etwas an, zu dem es Vertrauen hat und von dem es sich in der Liebe getragen weiß. Von hier aus kann man ermessen, was die unzähligen Vertrauenskrisen auch für den Glauben der Kinder bedeuten: Ungeborgenheit, verhastete Entwicklung, Früh- und Spätreife, Ungeschütztheit, die Flut sich widersprechender Eindrücke und vor allem die Glaubenslosigkeit der Erwachsenen. Das Mißtrauen der Kinder gegen Erwachsene unterdrückt auch jedes Vertrauen zu Gott.

(Aus Albert Höfer, ,,Biblische Katechese”, Otto-Müller-Verlag, Salzburg.)

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