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Mensch, Masse und Medien

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Wir haben sie noch lange nicht verdaut, den Fluch und den Segen des Säkulums: Film, Fernsehen, Radio usw., die großen Brüder, Freunde und Feinde der willen- und wehrlosen, ruheloses Menschheit von heute.

Einen konzentrischen Angriff auf die vielen offenen Fragen der Massenmedien eröffneten in letzter Zeit zwei bedeutende deutsche Bücher: „Theorie der Massenmedien“ (Presse, Film, Rundfunk, Fernsehen). Von Erich Feldmann, Ernst-Reinhardt-Verlag, München-Basel. 210 Seiten, Leinen, 13 DM. „Presse, Rundfunk, Fernsehen, Reklame — pädagogisch gesehen.“ Von Erich W a s e m. Verlag wie oben, 283 Seiten, Leinen, 15 DM.

Feldmann, Philosoph, Pädagoge und Bonner Universitätsprofessor, mehrmals gehörter Vortragsgast in Wien, untersucht Methodik und System det Massenmedien und versucht an Hand neuer Begriffsbestimmungen, ihre Erforschung als angewandte Kulturwissenschaft zu rechtfertigen. Besonders lesenswert ist das Kapitel „Der Film als Kulturfaktor“. Die Nachteile des gescheiten Buches sind die nicht ganz nahtlos aufgefädelten Beiträge (Vorträge) und ein gewisser areligicser Standpunkt, der das religiöse Empfinden Sterne iri einem Atem mit „anderen Unterhaltungen“ und Illusionen nennt...

Wasem, der Münchner Pädagoge, ist da viel standortsicherer. Alle seine sauberen, klugen, praktischester Erziehung dienenden Klitterungen versuchen, die Medien als positive Elemente in ein pädagogisches System christlicher Observanz einzuordnen. An Kritik und Distanz läßt es der Pädagoge nicht fehlen, und es ist nicht der letzte Zweck des Buches, sie auch dem Leser, dem „Schüler“ (im wörtlichen und weiteren Sinne), anzuerziehen. Wasem bezieht über Feldmann hinaus die moderne Reklame in seine Untersuchung ein und folgt darin in manchem den säkularen Einblicken Schelskys. Leider muß Wasem den Film aus der vorliegenden Untersuchung ausklammern, weil er in einem früheren Werk, „Jugend und Filmerleben“, das Thema schon gründlich ausgeschöpft hat.

In einem ersten Teil von „Filmanalysen“ (Eine Auswahl für die Jugendarbeit. In Verbindung mit Hans F a h 1 a und Reimer Keller herausgegeben von Klaus Brüne. Haus Altenberg/Düsseldorf. 252 Seiten, darunter 43 Photoseiten, kart., 14 DM) wird meines Wissens zum ersten Male versucht, die für Unterricht, Erziehung. Vortrag und Forschung so unentbehrlich gewordenen Analysen von Stoff und Form der Filme in so großer Anzahl, 30 bedeutende Filme aus den letzten Jahren, zu sammeln. Wir verzeichnen in Wien mit Genugtuung den großen Anteil Dr. Erika H a a 1 a s und Dr. Gertrud Behringers an diesen Arbeiten und ihre weltanschauliche Souveränität.

Nach Erwin Leisers großem Dokumentarfilm „Mein Kampf“ hat der bekannte deutsch-schwedische Filmschöpfer selbst in-3er FischeV-Bücheref (Mein Kampf. Eine Bilddokumentation. Von Erwin Leiser. Ficher-Bücherei Nr. 411, 2.40 DM) ein Bändchen mit Bildern und kurzen, prägnanten Texten arrangiert. Es war trotzdem kein sehr glücklicher Gedanke, Bilder älterer Herkunft aus Archiven und , Wochenschauen, die schon im Film Korn und Regen haben mußten, nun auch noch in einer solchen Massenauflage zu reproduzieren. Der Anblick ist da und dort jammervoll und fällt der Idee in die Arme. Lesenswert sind das Nachwort des Autors und die Zeittafel der nationalsozialistischen Ära.

Eine Überraschung in vielem bedeutet für den Journalisten das Buch eines Linzer Kollegen: Welt aus Licht. Ein Lesebuch für Filmerzieher und Filmfreunde. Von Wilhelm Formann. 228 Seiten und 16 Bildtafeln. Oberösterreichischer Landesverlag, Linz. 68 S. — Es hat, glaube ich, noch niemanden in unserer Zunft gegeben, der in der Entwicklung der Technik des Films so beschlagen war wie Formann. Natürlich hat er auch seinen Zgli-nicki, Vogt und Meßter gebüffelt, aber er hat auch Eigenes zu sagen, besonders zum österreichischen Anteil an der technischen Entwicklung des Films, den die deutschen Filmgeschichten meist schamhaft verschweigen. Daß der Journalist die zähe Materie nicht trocken und ledern vortragen werde, war zu erwarten. Trotzdem bedeutet die flüssige Lesebuchform noch eine zusätzliche angenehme Überraschung. Man wird künftig nicht mehr dicke Wälzer wälzen müssen, wenn man ein technisches Datum nachschlagen will: „der Formann“ wird kurz und ausreichend Auskunft geben.

Pünktlich zum Jahresbeginn stellte sich wieder Harry Nestors „Österreichischer Filmalmanach 1963“ ein und spielt seinen Trumpf aus, das lückenlose, fast fehlerfreie Anschriftenregister für so gut wie alles zu sein, was in Österreich mit Film und Kino direkt und indirekt zu tun hat. Und das ist gar nicht so wenig, obwohl es allerorten kriselt und unter anderem die Anzahl der Kinos in Österreich laut Nestor im letzten Jahr von 1289 auf 1272 zusammengeschrumpft ist.

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