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Pius XII. an die Stadt Wien und die österreichischen Lande

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Das bedeutsamste Ereignis im Rahmen der Wiener Domfeierlichkeiten war die Botschaft des Heiligen Vaters in deutscher Sprache, die der Vatikansender am Sonntag, den 27. April 1952, nach dem Evangelium des Hochamtes im Stephansdom dem österreichischen Volk vermittelte. Wir geben im folgenden den Wortlaut der Ansprache wieder.

Liebe Söhne und Töchter der Stadt Wien und der österreichischen Lande! Gerne leisten Wir der Bitte eures allverehrten Kardinals Folge, in dieser feierlichen Stunde einige Worte zu euch zu sprechen und das Werk zu segnen, zu dessen Vollendung ihr euch zusammengefunden habt. Die Wiederherstellung des Stephansdomes ist euer gemeinsames Werk. Ihr alle, Regierung und Volk der Stadt Wien und der Bundesländer, Körperschaften und Verbände aller Art und die Freigebigkeit der einzelnen haben es ermöglicht. Wir sind im Bild über die Zerstörungen und Verwüstungen, die der Krieg dem Dom angetan hat. Heute steht er wieder da in seiner alten Gestalt bis in die letzten Einzelheiten, fester gefügt und widerstandsfähiger als ehedem.

Was ihr vollbrachtet, ist eine gewaltige Leistung. Wir glauben, sie deuten - zu dürfen als Beweis eures entschlossenen Willens, in gegenseitiger Verbundenheit der einzelnen und der Gemeinschaft, in geduldigem Harren und zähem Wirken euch hindurchzuarbeiten durch die Unsicherheit und Not dieser Jahre in glücklichere Tage echten Wohlstands in Freiheit und Frieden; Zeiten, die der allmächtige Gott in seiner Güte und Erbar- mung euch schenken möge.

Der Stephansdom ist das Wahrzeichen Wiens, eurer Stadt, der ein Ehrenplatz zukommt unter den kulturschaffenden und kulturspendenden geistigen Mittelpunkten des Erdkreises. Dieses Wahrzeichen, ein katholisches Gotteshaus, ist selbst beredter Zeuge katholischer Kulturkraft mit seinem himmelanstrebenden Turm, der machtvoll zu Gott und den ewigen Wahrheiten emporzieht. Es mahnt euch daran; daß die Seele und das Mark jener Kultur, durch die ihr groß und reich wäret, das Christentum, der katholische Glaube ist. Wenn ihr in den Nachkriegs fahren, den Jahren der Armut und Entbehrung, dies erreicht habt, daß der Dom wieder in seiner vollen Schönheit aus den Ruinen erstand, so nehmen Wir dies als eurer lautes Bekenntnis zur christlichen Kultur und zum Glauben eurer Väter mit seinem ganzen Reichtum und mit seinem unverzichtbaren Anspruch, dem Leben bis in seine letzten Verzweigungen Sinn, Richtung und Gesetz zu sein. Jesus Christus, Gott der Hochgelobte in Ewigkeit, der Herr der Kirche, möge es mit der in seiner Macht liegenden Gnade fügen, daß euer Vaterland, euer ganzes Land, immer eine Heimstätte echten und tiefen Glaubens, christlichen Ehe- und Familienlebens, heiliger Zucht und Sitte, gleichmäßiger Freiheit und sozialer Gerechtigkeit sei. Auf solchem Boden erblüht wahres Glück. Auf ihm lassen sich Werke bleibender Wohlfahrt und irdischen Fortschritts wie geistiger und sittlicher Vervollkommnung errichten.

Wien ist in seiner Vergangenheit Von schweren Drangsalen heimgesucht worden und hat tödliche Gefahren über sich kommet sehen. Es hat sie alle Überstunden. Seine furchtbarste Not, da die Stadt ihrem Untergänge nahe schien, St bezeichnet mit dem Jahre 1683. Jenes Jahr ist aber auch das Jahr des größten Sieges, den Wien je gesehen hat. Es war nicht nur ein Sieg der Waffen, es war noch mehr ein Sieg der christlichen Idee und wurde Grundlage und Ausgang friedlicher Eroberungen für christliche Gesittung und Daseinsordnung. Es beglückt Uns, daß bei der Befreiung Wiens im Jahre 1683 Unser Vorgänger, Innozenz XI., ganz wesentlichen Anteil hatte. Euch seien jene Ereignisse Trost und Zuversicht in der gegenwärtigen Stunde. Die väterliche Sorge und das Gebet des Stellvertreters Christi gehören euch heute so wie damals.

Als Zeichen dessen und als Unterpfand der alles vermögenden Vorsehung Gottes erteilen Wir dem Stephansdom und den in ihrh Vereinigten, Unseren ehrwürdigen Brüdern, euren Kirchenoberhirten, den hohen staatlichen Autoritäten und Würden, allen Unseren geliebten Söhnen und Töchtern der Stadt Wien wie dem ganzen österreichischen Land und Volk aus der Fülle des Herzens den Apostolischen Segen.“

Auf die Botschaft des Papstes ließ Kardinal Innitzer folgendes Dankschreiben zugehen: „Heiliger Vater! In tiefster Bewegung und ehrfürchtigem Dank und überaus herzlicher Freude hat die große Menge der Gläubigen, geschart um die Regierung des Landes und um ihre Bischöfe, im wiederhergestellten Dom von St. Stephan und durch den Rundfunk darüber weit hinaus bis an die Grenzen von Österreich die Botschaft Eurer Heiligkeit vernommen, die uns der Höhepunkt des Festes war.

Möge Gott den väterlichen Wünschen Eurer Heiligkeit an unser Volk gnädige Erfüllung geben.

Wir aber bitten zu Ihren Füßen, Heiliger Vąter, unser aller Treue und Anhänglichkeit, unser aller Gehorsam und gläubige Ehrfurcht, aber auch unsere ganze Liebe und Dankbarkeit bekunden zu dürfen.

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