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Rudolf Forster blickt zurück

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DAS SPIEL MEIN LEBEN. Von Rudolf For iter. Propyläen-Verlag, Berlin. 340 Seiten, 4g Abbildungen. S 178.—.

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DAS SPIEL MEIN LEBEN. Von Rudolf For iter. Propyläen-Verlag, Berlin. 340 Seiten, 4g Abbildungen. S 178.—.

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Der Name Rudolf Forster ist untrennbar mit dem Begriff großer österreichischer Schauspielkunst verbunden, in vielen Bühnen- und Filmrollen hat dieser vornehme Künstler durch seine nuancenreiche Darstellung, in der bei aller Spannweite seiner Möglichkeiten doch die überzeugende Gestaltung aristokratischer Charaktere dominiert, das Publikum fasziniert. Deshalb wird auch sein Erinnerungsbuch, das ebenso wie sein Spiel das Gepräge einer sensiblen und geistvollen Persönlichkeit trägt, bei allen, die sich von der erregenden Welt des Theaters angezogen fühlen, größtes Interesse finden. Die Leser der „Furche“ haben schon vor Jahren einige Textproben kennengelernt und wissen bereits, daß Forster ausgezeichnet zu erzählen weiß.

In diesem fesselnden Rückblick spiegelt sich nicht nur Forsters persönlicher künstlerischer Aufstieg, sondern auch ein Stück österreichischer und cjeutscher Theater-gesohichte der letzten fünfzig Jahre. Kein trockener Bericht, sondern eine lebendige Vergegenwärtigung des Geschehens in längeren oder auch nur ganz kurzen Kapiteln mit einer manchmal geradezu dichterischen Wiedergabe der Stimmung und treffsicheren Charakterisierung der Personen.

Gröbrning in der Steiermark ist Forsters Geburtsort. Den Vater verlor er sehr früh, doch die innige Beziehung zur Mutter gab ihm Geborgenheit in einer nicht leichten Kindheit und Jugend. In Wien besuchte er das Gymnasium, dann trieb ihn die Theaterleidenschaft zu einer Wanderbühne, bei der er das Elend der Schmiere kennenlernte. In der Wiener Schauspielakademie stellte man ihm für die Zukunft keine günstige Prognose. Aber er hielt durch. Er spielte in Graz, in Linz, in deutschen Städten und in Troppau, wo er als Lord Goring großen Erfolg hatte. Dann kam er nach Wien zu Josef Jairno; das Theater in der Josefstadt, die Kammerspiele und die „Volksbühne“ waren Stationen seines künstlerischen Weges. Forsters Aufstieg begann in den zwanziger Jahren in Berlin, im Theater am Gendarmen-Markt, als er unter der Regie Jess-ners den Buckingham in „Richard III.“, mit Kortner als Partner, spielte. Und nun folgten viele Rollen auf der Bühne und im Film, die ihn, den Repräsentanten eines modernen Darstellungstils, berühmt machten. 1937 ging er nach Amerika und kehrte 1940 in einer abenteuerlichen Reise über Japan und Rußland nach Deutschland zurück. Damit schließen die Memoiren — für den interessierten Leser zu früh. Wenn Forster einmal von sich behauptet, er habe keinen Humor, so widerlegen ihn viele Stellen seines Buches. Er erzählt in einem knappen, sehr persönlichen Stil, aus der Distanz der gereiften Erfahrung, mit der Überlegenheit und Eleganz des Mannes von Welt, aber auch als ein echter Österreicher, der seiner Heimat stets tief verbunden ist. Wer zählt alle die Prominenten, denen er begegnete. Da sind die großen Darsteller, wie Girardi, Kainz, Pallenberg, Bassermann, Otto Gebühr, Kortner, Steinrück und Werner Krauss, dann die bahnbrechenden Regisseure: Jarno, Jessner, Fehling, Reinhardt, Berger, Viertel und Barnowsky. Glänzend geschildert ist die Boheme im Berliner „Cafe des Westens“, dem berühmten „Cafe Größenwahn“, mit ihren markanten Typen: Paul Lindau, Herman Bang, R. J. Schmied, Franz Blei, Carl Ludwig Schleich und Else Lasker-Schüler. Oder die Stammgäste eines anderen literarischen Zentrums, nämlich des „Cafe Central“ in Wien, darunter Peter Altenberg, Karl Kraus, Egon Friedeil und Alfred Polgar. Sogar der berüchtigte Oberst Redl kommt ins Bild. Auf sie alle fällt, oft nur ganz kurz, das Licht der Erinnerung. Beonders anschaulich ist Forsters Bericht seiner Erlebnisse im ersten Weltkrieg, als er in einem Malteser-Sanitätszug Dienst machte, und der Eindrücke in Japan und in der Mandschurei auf der Rückreise von Amerika.

Eine Hauptgestalt unter den vielen Gestalten dieser Memoiren ist die Mutter des Künstlers, die durch ihre opferbereite Liebe von größter Bedeutung für sein Leben wurde. Ihr freundliches Bild begleitete ihn stets, immer wieder erzählt er von ihr, und diese Stellen sind menschlich besonders ansprechend. So sind seine gehaltvollen Erinnerungen, die von echter Noblesse des Herzens und des Geistes künden, auch ein Buch des Dankes an sie.

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