6594701-1952_49_11.jpg
Digital In Arbeit

Umbrisches Drama

Werbung
Werbung
Werbung

Das Th eater am Parkring bringt das italienisAe SAauspiel „Die unschuldige Irene" von Ugo Betti (übertragen von Carl M. Ludwig). Betti hat für dieses Drama 1950 den „Großen Preis von Rom' erhalten, und verdient es. Man muß an Dostojewskijs „Idiot denken und an die Humilität umbri- sAer Bauernheiliger aus der Umgebung des heiligen Franziskus, Wenn man die Spiritüali- tät dieses Stückes, wie überhaupt der reifsten modernen Kunst Italiens, verstehen lernen will. Um ein verkrüppeltes MädAen in einem „in den Bergen' abgelegenen kleinen Dorfe sammelt, si , wie sAwärmende Bienen um ihre Königin, alles, was in diesem Dorf un- heimli di t da ist: die’ Gier und der Zorn der Männer, der Haß und Neid der Frauen: alle, vom Bürgermeister und seinem Sohn bis herab zu den dumpfäugigen Trunkenbolden vergehen sie siA an ihr, die auf dem Lager ihrer SAande davon träumt, frei von Krücken über die liAten Berge zu sAreiten und in reiner Weiße am Traualtar zu stehen. VerfluAt von ihrer Mutter, sAmerzliA geliebt von ihrem Vater (ausgezeiAnet: Viktor GsAmeid- ler), einem Manne von erbarmungswürdiger SAwäAe, ist sie der „Eckstein“, an dem alle Anstoß nehmen, alle zu Falle kommen. — Um den „unleidliAen Verhältnissen“, an denen alle so sehr hängen, ein Ende zu maAen, entsAließt siA der Bürgermeister zur Ausweisung der ganzen Familie aus dem Dorfe. Er bedarf dazu einer’ UntersuAung durA die höhere Behörde. Der junge Sergeant, der diese durAführen soll, rollt nun, sehr wider sįinen Willen und lange au wider seine eigene Einsicht, den „Fall“ auf: er erweist siA als der Fall des ganzen Dorfes, ja, der MensAheit. SAade, daß der letzte Akt allzudeupi und allzudick die Moral der Geschickte auspredigt: Gott liebt, sehr auf seine Weise, seine Krüppel. Und ist ihnen nah in oft harter, sAwerer Begnadung. — Hier versagt leider die Regie (H. H. SAwarz). Die Transparenz dieses Dramas, dieses geistige Sfumato von einer Zartheit, wie sie in den Pappeln früher toskanisAer Madonnen hängt, wird hier einfaA weggewisAt. Ranzig und tränensAwer wird die Luft, in Sentimentalität sinkt ab, was eben noA traumklares GleiA- nis war; — Eine sehr sehenswerte Aufführung, mit präAtigen Einzelleistungen (Fritz ZeAa).

In einer Leseaufführung im Wiener Konzerthaus maAte die OsterreiAisAe Kulturvereinigung mit dem neuesten Stück von Franz Theodor Csokor, „Pilatus“, bekannt. „Pilatus“ folgt der Tradition, einzelne Gestalten der Heiligen Schrift herauszugreifen, sie intensiver zu sehen, ihre Umrisse na eigener Auffassung sAärfer zu ziehen und zu beleu - ten, und sie zur Verkörprung einer bestimmten Idee zu machen. Mit viel GesAmack wurde es in „Pilatus“ vermieden, Jesus selbst auftreten zu lassen. Csokor sieht in Pilatus den ArAetypus des Skeptikers, dessen Zweifel aber niAt unbedingt negativen Charakter und Folgen haben müssen — eine Grundidee, die (vielleicht auA infolge einiger Kürzungen) nicht durchwegs ganz klar zum Ausdruck kam. Es ist Csokor aus profunder Bühnenkenntnis und aus einem Wissen um die eigenen Grenzen gelungen, ein wirkungsvoll gebautes und wirkliA gestaltetes Drama zu sAaffen, das seiner Form naA das klassisAe Theater fortsetzt. Man würde das Stück gern auf der Bühne sehen; aber au so kann gesagt werden, daß „Pilatus“ große spraAliAe Reize hat und die Aussage viel Treffendes und mandie Tiefe enthält. Nur das SAlußbild, das siA an manAen Stellen zu aussAließli von der Bibel inspirieren ließ, könnte vielleiAt noA straffer gefaßt sein. Wieland S c h nj i e d

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung