7135249-1997_44_05.jpg
Digital In Arbeit

Der Tod und die Toten

Werbung
Werbung
Werbung

In wenigen Tagen werden die meisten Österreicher wieder auf die Friedhöfe gehen und der Toten gedenken. Allerheiligen ist ja im Bewußtsein der Menschen ganz überlagert vom Allerseelenfest. Die Christen kennen keinen Totenkult. Jesus geht es um die Lebenden, von ihm ist uns das brüske Wort überliefert: „jLaßt die Toten ihre Toten begraben.”

Aber was wissen wir eigentlich über den Tod und die Toten? Was wissen wir über Zeit und Ewigkeit?

Nirgends lassen sich die ganze Ratlosigkeit des modernen Menschen gegenüber dem Phänomen des Todes, aber auch seine großen Hoffnungen besser ablesen, als aus den Parten in den Zeitungen. In den Wiener Blättern kommen sie kaum vor, in den Bundesländerzeitungen sind sie aber ein wichtiger Bestandteil.

„Das Leben ist eine Beise. Ich habe gelebt”, läßt uns ein Toter etwa mitteilen. „Ich habe gelebt” -das soll wohl bedeuten, er habe sein Leben ausgenützt und nicht vertrödelt. Etwas durcheinander geraten die Kategorien bei dem sehr beliebten Spruch: „Wenn die Kraft zu Ende geht, ist Erlösung Gnade.” Es gibt ihn auch in einer anderen, etwas verständlicheren Fassung, die lautet: „Wenn die Kraft zu Ende geht, ist Sterben die Erlösung.”

In dieselbe Kategorie fällt auch folgendes Gedichtlein: „Ich war' so gern bei Euch geblieben, doch meine Krankheit war zu schwer. Doch weinet nicht Ihr Lieben, ich brauche meine Buhe sehr.”

Immer wieder kommt auch die Vorstellung zum Ausdruck, daß der Tote irgendwo im Jenseits über den Wolken oder auf den Sternen sitzt und von dort auf die zurückgebliebenen Seinen blickt: „So denkt nicht mehr an meinen Hügel, denn von den Sternen grüß' ich Euch.”

Eine wahre Fundgrube für Zitate in diesem Zusammenhang ist der französische Flieger und Dichter Antoine de Saint-Exupery. Sein kosmisches Heidentum scheint dem Gefühl des modernen Menschen sehr nahe zu liegen. In verschiedensten Varianten taucht sein Wort „L'essentiel est invisible pour les yeux” auf („Das Entscheidende ist für die Augen unsichtbar.”)

Geradezu klassisch ist aber die Verdrängung der brutalen Wirklichkeit, die sich in einem anderen Wort des Dichters ausdrückt: „Es wird aussehen, als wäre ich tot und das wird nicht wahr sein.” Es ist aber wahr, der Tote ist wirklich tot.

Zwischen diesen Zeugnissen menschlicher Sehnsucht und Tragik tauchen wie Leuchtspuren die Verheißungen der Bibel auf. Sie können und wollen das Geheimnis des Todes nicht lüften, aber sie reißen ein Tor auf: „Das Wort ist glaubwürdig: Wenn wir mit Christus gestorben sind, werden wir mit ihm auch auferstehen.”

Wir dürfen, aber wir müssen uns auch mit dem Wort der Schrift begnügen: „Kein Auge hat geschaut, kein Ohr gehört, in keines Menschen Herz ist es gedrungen, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben.”

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung