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Hat der Angeklagte das Wort?

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Motto: „Eines Mannes Rede Ist

keines Mannes Rede.

Man soll sie billig hören beede.“

In einem Eck der Bibliothek in Pöcking saß kürzlich ein österreichischer Politiker. Sein Name tut nichts zur Sache. Ich weiß auch nicht, was bei ihm Auftrag, was persönliche Ansicht war. Äußerlich war er von jenem behäbigen Typus, wie er in unserem öffentlichen Leben oftmals anzutreffen ist.

Seitdem es einen „Fall Habsburg“ gibt, war er nicht der erste an diesem Ort. Ich habe mich seither auch niemals über einen Mangel an guten Ratschlägen zu beklagen gehabt. Ich kenne sie nachgerade schon alle auswendig. „Patriotische Pflicht... notwendiges bitteres Opfer... staatsmännische Klugheit... politisches Denken ... gegebene Tatsachen ... Meinung ...“ und so weiter. Man wird eindringlicher: „Volles Verständnis für die Schwierigkeit des Entschlusses ... mit sechs Kindern die materiellen Belange nicht vergessen ... vorerst die Frage des Habsburger-Vermögens lösen ... wichtige Interessen ...“ Schließlich der Trumpf: „Entwicklung so sehen, wie sie ist... Recht ist nur der Ausdruck der augenblicklichen Machtverhältnisse... Unter Anerkennung der juristischen Lage gibt es immerhin politische Realitäten ... man kann nicht die noch so legitimen Belange eines einzelnen verteidigen, wenn es um größere allgemeine Probleme geht...“

Die Stimme des Gegenübers tönt weiter, versprechend, drohend, vernünftig, überzeugend, dann wieder unsicher. Hinter dem nickenden Kopf befindet sich ein Bücherregal. Da stehen nebeneinander Shirers „The Rise und Fall of the Third Reich“, Hitlers „Mein Kampf“, Jürgen Thorwalds „Wen sie verderben wollen“ — gedruckter Nachlaß einer versunkenen Epoche. Fast unwillkürlich wandern die Gedanken zurück in jene Zeit, die nun schon nahezu um das Drittel eines Jahrhunderts zurückliegt...

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