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Problematische Anthologie

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HIER SCHREIBT MÜNCHEN. Herausgegeb Müller-Verlag, München, 1961. 380 Seiten.

Im Vorwort dieser Anthologie im weitesten Sinn konstatiert der Herausgeber, daß bislang nur zweimal versucht worden ist, „Münchens Schriftsteller in einer Anthologie vorzustellen“. Er verweist auf das seinerzeit (1862!) von Emanuel Geibel zusammengestellte „Münchner Dichterbuch“ und auf den von Arthur Hübscher 1929 herausgebrachten Band, der vor allem die damals „jüngeren, weniger bekannten, zu denen ... Hans Carossa und Gottfried Köl-wel... Ernst Penzoldt und Josef Ponten, Regina Ulimann und Konrad Weiss . . alle längst von uns geschieden . .. gehörten“, brachte. So besehen — zumal wenn auch an den ersten Band mit Felix Dahn, Paul Heyse, Viktor v. Scheffel und anderen erinnert wird — haben wir mit einem solchen „Städteband“ ein hübsches Stück Kultur-und Geistesgeschichte vor uns. In diesem Sinn ist auch die jetzt vorliegende „dritte Fassung“ zu begrüßen.

Freilich sind die ausgewählten Stücke in der Regel recht knapp beinessen, wenn man bedenkt, daß auf den nicht ganz 400 Druckseiten an die hundert Autoren zu Wort kommen. Schon der Untertitel des Bandes („Essays — Feuilletons — Erzählende Prosa — Dramatische Szenen — Lyrik — Aphorismen — Satiren — Grotesken — Mundartliches“) weist auf die bewußt weitgesetzte Grenzziehung des Themas, des Literarischen schlechthin. Vertreten sind heute wie damals nur beim Erscheinen des Buches lebende Schriftsteller (vorausgesetzt, daß sie längere Zeit in München ansässig oder doch der Isarstadt in irgendeiner Weise eng verbunden sind. Um einige Beispiele zu nennen (aus jeder obenaufgeführcn von Karl U d e. Albert-Langen-Georg-Preis 13.80 DM. ter Gruppen eines): Fedor Stepun, Oda Schaefer. Georg Britting, Werner Egk, Ruth Schaumann, Emil Preetorius, Herbert Schneider, Joseph Maria Lutz. Schon dieser Auswahl ist zu entnehmen, daß das „Niveau“ der hier Vertretenen in jeder Hinsicht recht unterschiedlich 6ein dürfte.

Betrachtet und wertet man die Dinge auf solche Weise, so kommt man freilich wie bei der Mehrzahl der Anthologien zum gefährlichen, aber doch auch naheliegenden Schluß, daß man mit einem solchen Buch eigentlich und letztlich alles und doch auch wieder nichts (Ganzes) hat. Das klingt hart, wird sich indes auch anbetracht der pontentiellen Leser, Käufer und Benutzer nicht anders formulieren lassen. Es ist gewiß eine Manifestation und Dokumentation (wobei die Willkür wie in alledem gebührend mitspricht!), vielleicht am ehesten den München Verbundenen zugeeignet, dann aber (auch infolge der sachlichen, wenn nicht gar etwas lieblosen äußerlichen Aufmachung) wird es auf die Ge- und Verlegenheitskäufer zu warten haben. Nun, eine Stadt wie München kann's sich immerhin erlauben; wollte eine jede andere größere (und kleinere!) Stadt auch so tun — wo kämen wir bloß hin —, und wer schon wollte noch komplette Werke publizieren und verkonsumieren? Bleibt dann aber noch der Trost der säuberlich angeordneten „Kurzbiographien der Autoren in alphabetischer Reihenfolge“ am Bandende: eine solche Sache ist auch im Zeitalter der Lexikographie und Bibliographie immer recht wertvoll.

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