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Tausend Jahre Abendland

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Friedrich Heer: „Deutsche und europäische Perspektiven der Lechfeldschlacht.“ — Walter Dirks: „Der Christ und der Heide.“ — Reinhold Schneider: „Das Kreuz im Osten.“ — Benno R e i f f e n-b e r g : „ Der Mensch unter der Windrose.“ — Alle im Verlag „Die Brigg“, Augsburg. 135 Seiten.

„Die vorliegenden Aufsätze wurden im Rahmen einer Vortragsreihe gehalten, die das Kulturreferat der Stadt Augsburg aus Anlaß des tausendjährigen Jubiläums der Lechfeldschlacht veranstaltete.“ Ein bloßes Jubiläum wäre zuwenig gewesen — so sieht, man, behutsam und deutlich belehrt, nach Lektüre dieser Aufsätze. Dirks nennt es: „Es ist .auch notwendig, hinterher klug zu sein — das ist ja gerade die menschlichste Art. klug zu sein “ Nicht nur das historisch Gewesene ist wichtig und des Feierns wert, sondern die neue Situation. Das Historische hatte seine Gründe, so und gerade so geschehen zu sein. Das Heutige kommt daraus seit langem hervor, aber es ist selbst, nur wieder Same und Zeug für Künftiges. Der deutsche Machtglaube wider eine wüste Welt hatte einst die Lechfeldschlacht gegen die Heiden gewonnen — aber wer sind heute die Heiden und wo wohnen sie, seit Reich und Symbol symbolon und Reich Gottes nicht mehr groß geschrieben werden? Birgt vielleicht der damals bekämpfte und besiegte Osten, der heute in schweren Zuständen sich behauptet (oder sind es Uebergänge?), des Kreuzes neue Form, nachdem die europäische Form an Kinder-kiankheiten darniederliegt? Das „gebetete Dogma“ und die „Gegenwart himmlischer Herrlichkeit“ inmitten der verfolgten Menschenwürde? Dann müßten wir die Völkerwanderung und die Wanderungen der politischen Mächte kennen und anerkennen: „den Aufbruch aus Ueberdruß, aus Sehnsucht, aus Not“: wie heute jeder einzelne in Freiheit Ordnung erstreben mjiß, um zur neuen Geschichte, zur geschehenden Geschichte aus der historischen Geschichte, gehören zu dürfen. — Dem Veranstalter dieser Vorträge wie dem Herausgeber ist zu danken. Vor allem aber den vier Referenten, die auf den ersten Blick von sehr verschiedenen Dingen zu sprechen scheinen, bis man sehend geworden es als Gnade erfährt, tapfere Vorfahren gehabt zu haben, denen man ebenso verpflichtet ist wie dem gegenwärtigen Augenblick. — Göttlich-übergreifendes wie menschlich-unzulängliches Ewiges, wird durch ein einfaches Jubiläum einer komplizierten Schlacht vor tausend Jahren offenbar.

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