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Ein Film zu jeder Jahreszeit

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Einern Film den Vorwurf zu machen, er könne seine Herkunft von einem Theaterstück nicht leugnen, bedeutet in gewisser Hinsicht bereits wieder einen impliziten Qualitätsbeweis. Das gilt auch für Fred Zinnemanns mit sechs „Oscars“ ausgezeichneten Streifen ,JEin Mann zu jeder Jahreszeit“, der seine Wirkung zum großen Teil dem fabelhaften Dialog des von Robert Boit verfaßten Bühnenstücks „A man für all seasons“ verdankt. Wieder einmal steht der Konflikt zwischen einem heiligmäßigen englischen Staatsmann und seinem König im Mittelpunkt. War es in „Beckett“ der Streit zwischen Heinrich II. und Thomas Beckett, so ist es diesmal die Auseinandersetzung zwischen Heinrich VIII. und Thomas More, dem berühmten Staatsmann, Rechtsgelehrten und Humanisten, die den Ausgangspunkt bildet. Zinnemann ging es aber erst in zweiter Linde darum, die Lebensgeschichte des bisher hauptsächlich durch seine Bücher bekannten Philosophen aufzurollen, sondern vielmehr um den brennend aktuellen Bezug des Schicksals des vor 430 Jahren hingerichteten More. Vor der Geschichte steht die Gestalt Thomas Mores heute unangetastet da; als redlicher Staatsmann, gerechter, unbestechlicher Richter und Märtyrer für die Unabhängigkeit der Kirche fand er auch bei Andersgesinnten Anerkennung. Der Film bringt in einem blendend pointierten Dialog eine überzeugende Apologie der Ansichten Mores, der hier wie ein moderner Piaton mit den Mitteln von Gerechtigkeit, Lauterkeit, Herzenseinfalt und den Waffen des Wortes um sein Leben, damit gleichzeitig aber um viel mehr kämpft. Somät ist der Streifen also schon vom Thema her ungemein interessant, wird aber durch seinen Hauptdarsteller Paul Scofleld, der diese Rolle auch in London und New York jahrelang auf der Bühne verkörpert hat, zu einem Erlebnis, das sich kein Filmfreund entgehen lassen sollte!

Völlig anders geartet aber in ähnlicher Weise packend geraten Ist der

schweizerische Dokumentarfarbflln „Geheimnis Leben“, ein Versuch dei Regisseurs August Kern, Werden Wachsen und Weitergabe des Leben: zu zeigen, angefangen von den niedrigsten Entwicklungsstufen de: Natur bis zu den relativ höchstentwickelten Tiergattungen. Da den Regisseur zahlreiche Forschungsteams mit ihren jahrzehntelanger Erfahrungen zur Verfügung standen gelang ihm in drei Jahren, was — hätte es ein einziges Team versuch — in einem Menschenleben nicht zi bewältigen gewesen wäre. So entstand aus den wissenschaftlicher Forschungsergebnissen verschiedenster, voneinander unabhängige] Forschungsgruppen, von denen jede auf ihr Fachgebiet spezialisiert war ein Film, der sich durch wunderbar« Geschlossenheit, geschickten Aufbau saubere Gestaltung und wissenschaftliche Unantastbarkeit auszeichnet. Vor allem die letztgenannte Eigenschaft unterscheidet den Streifen wesentlich von der Unzahl seiner Vorläufer, in denen oft um der „Publikumswdrfcsamkeit“ willen viel gesündigt wurde. Ein schon allein durch die einmaligen Farbaufnahmen bisher nicht gefilmter Geschehnisse einzigartiger, unbedingt sehenswerter Film, interessant, lehrreich — aber nicht lehrhaft — und voll anhaltender Spannung.

• In Brüssel fand die Generalversammlung des Internationalen Zentrums für Kinder- und Jugendfilme unter dem Vorsitz der Präsidentin Elsa Britta Marcussen statt, als Delegierter für Österreich nahm an der Generalversammlung dei Obmann der Aktion „Der gute Film“ Dr. Franz Hubälek, teil. Die von dei UNESCO geförderte Organisation der 20 Mitgliedsländer angehören und die in diesem Jahr ihr zehnjähriges Bestehen feiert, bemüht sich um die Herstellung von Kinder- und Jugendfilmen, um den Austausch dieser Filme unter den Mitgliedsländern sowie um die Errichtung nationaler Zentren, die sich mit dem Kinder- und Jugendfilm befassen.

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