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Grillparzer in Bregenz

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Die Bregenzer Festspiele 1961 lieget wieder hinter uns. Sie haben bedeutend; künstlerische Höhepunkte gebracht, un wäre das Wetter in der letzten Zeit etwa: gnädiger gewesen, wäre die Rekord besucherzahl des Jahres I960 übertroffet worden.

Das große Ereignis der dritten August' woche war Grillparzers „Goldene! V1 i e ß“, auf einen Abend gerafft vor Leopold Lindtberg und Friedrich Schrey- vogi. Man darf solchen Versuchen, di auch bei „Wallenstein“ und bei „Faust“ unternommen wurden, skeptisch entgegen' stehen, da irgend etwas von der Feinheil der Dichtung verlorengeht. Da es abei in der Gegenwart unmöglich scheint, eini Trilogie geschlossen aufzuführen, ist eini Zusammenfassung anscheinend das gerin gere Übel, als der Brauch, „Medea“ isoliert zu zeigen und damit das Dram; auf seine Schlußakte zu beschränken. De: heurigen Aufführung des Wiener Burg theaters gingen in Bregenz nicht wenige als drei Medeen voraus. Jedesmal verein fachte sich das Drama von der unentrinm baren Schuld auf den Mann zwischen det beiden Frauen. Erst wenn die ganze Hand luhg innerhalb ,von drei Stunden abrollt enthüllt siih dbs Schicksal Medeas, dii fm Kolcher'lande der Ausdruck der ewiger Schönheit! in 'Hellas die Barbarin ist. Sc wird Grillparzers Drama in einem geradi in der Gegenwart hochmodernen Sinni zur völkerpsychologischen Erkenntnis.

Das Spiel von Heidemarie Hatheye: konnte das Bregenzer Publikum an dre Vorgängerinnen messen. Heidemarie Ha theyer wuchs zum dämonischen Urweil der Sage empor. Wäre nicht Walthe Reyer in Bregenz alter Bekannter, er hätti neben dieser Medea zurückstehen müssen Die anderen Darsteller kamen neben die sem Paar schwer zum Zuge. Dennocl wurde Heinz Moog zu einem dumm schlauen Barbarenfürsten, während dii

Rolle der Gora (Roswitha Posselt) durch die Striche zu stark beschnitten war. Kreusa (Sonja Sutter) wirkt neben Medea stets ein wenig blaß. Eine Fehlbesetzung war Kreon; Paul Hoffmann war eher ein moderner Diplomat als ein griechischer König. Das Publikum empfand das „Goldene Vließ“ als das darstellerische Ereignis von Bregenz 1961.

1962 versucht sich Bregenz mit der Uraufführung eines Spieles auf dem See. Robert Stolz schreibt eine Operette „Weit her von Yukatan“, angepaßt an die Seebühne. Die optischen Effekte sollen alles bisher Geschaute in den Schatten stellen. Die Wirkung bleibt abzuwarten. Jedenfalls ein interessanter Versuch.

Leider führt die Uraufführung auf dem See zu einem Verzicht auf eine Uraufführung im Schauspielprogramm 1962. Die Eröffnungspremiere steht im Zeichen des Nestroy-Jubiläums und bringt den „Talisman“. Immerhin geht auch diesmal Bregenz Wien voraus, indem die Neuinszenierung durch das Burgtheater erst im Herbst 1962 im Hause auf dem Ring weitergespielt wird. Neben dem „Talisman“ zeigt das Wiener Burgtheater Shakespeares „Was ihr wollt" in-der Inszenierung von ’ Josef Gielen"1 und Goethes „Egmdnt“ in der Inszenierung von Leopold Lindtberg. Als Spieloper steht Rossinis „Die Italienerin in Algier" auf dem Programm, während als Ballett auf dem See „Der Nußknacker“ von Tschaikowsky vorgesehen ist. Die zeitliche Verlängerung der Bregenzer Festspiele über die Dauer eines Monates hinaus, die von verschiedenen Seiten verlangt wird, stellt kein künstlerisches, aber ein ernstes finanzielles Problem, zumal sich Bregenz auf dem Gebiet der Subventionen weder mit den Wiener Festwochen noch mit den Salzburger Festspielen messen kann.

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