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Der Sinn der Festspiele

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Die Bregenzer Festspiele 1959 standen unter einem besonders günstigen Zeichen. Der unsicherste Faktor, der heuer über Oesterreich ein Unglück nach dem anderen brachte, spielte Bregenz freundlich mit: das Wetter. Die Ausfälle an Seeaufführungen hielten sich in engeren Grenzen als je zuvor. Dreimal ereignete es sich, daß während des Tages ein Wolkenbruch den anderen jagte und am Abend das Spiel auf dem See in Szene gehen konnte, weil der Regen vorbei war. Wie haben wir doch in viel schöneren Sommern bangend gegen den Himmel gesehen, auf dem nach einem sonnigen Tag schwere Gewitter wolken aufstiegen! Heuer war es gerade umgekehrt. Die Spiele aus dem nächtlichen Bodensee sind unstreitig jener Zauber von Bregenz, der anderswo nicht nachzuahmen ist. Die Barockbühne mit ihren Wasserspielen lebt wieder auf. In den letzten Jahren hat sich gezeigt, daß das Publikum beim Ausflug in das Reich der Oper nicht recht mitging. Heuer war man mit „1001 Nacht“ zur klassischen österreichischen. Operette zurückgekehrt und nächstes Jahr wird man mit „Wiener Blut“ diesen Faden weiterspinnen.

Immer wieder zeigt sich, daß die Seebühne am allerstärksten für das Ballett — weniger für .das moderne, als vielmehr für das traditionelle — zu verwenden ist So soll 1960 der Bodensee zum „Schwanensee“ von P. I. Tschaikowsky werden. Man darf sich gerade von diesem Versuch besonders viel erwarten, denn die Farbenwirkung auf der nächtlichen Wasserfläche mit den Lichtern von Lindau und vom Pfänder — nun nicht nur des Pfänderhotels und der Seilbahn, sondern auch des ängestrahlten Fernsehturms — ist einfach überwältigend.

Mit großem Erfolg pflegt Direktor Ernst Bär ’die Aufgabe der Uraufführung. Voriges Jahr war die Wahl auf den „Großen Verzicht" von Reinhold Schneider gefallen, heuer folgte die türkische „Helena“. 1960 wird das Burgtheater mit Zwillingers „Baum der Erkenntnis“, ’ ferner mit Raimunds „Verschwender“ und Kleists „Prinz von Homburg" kommen.

In der letzten Festspielwoche hat Ernst Bär ein zweites Wagnis gestartet. Er brachte diesmal nichts Neues, sondern Uraltes: Claudio Monteverdis „Kampf Tancreds und Clorindas“. Wir standen plötzlich in der Geburtsstunde der Oper, in der sie sich vom Oratorium ablöste. Die Hauptrolle liegt noch beim „Testo", beim Erzähler; in dieser Rolle glänzte Oralia Dominguez. Der Stoff stammt von Torquato Tasso. Die Aufmachung war die vom Jahre 1626: das Stück wird Fürst und Fürstin vorgeführt, noch besteht der größere Teil der Mitwirkenden aus Zuschauern der eigentlichen Handlung. Diese wird getanzt von Karl Musil und Christi Zimmerl, während Karl Raimund und Lisi Temple das Fürstenpaar geben.

Dreimal erzielte dieses musikgeschichtlich äußerst interessante Werk tiefste Wirkung Es zeigte sich, daß ein fast museal zu nennendes Spiel heute noch wirken kann und daß das Publikum mitgeht. Der italienische Bühnenabend der heurigen Bregenzer Festspiele brachte nach dieser schweren Kost leichte Entspannung, zuerst den „Kapellmeister“ von Domenico C i m a r o s a, in dem sich Marcello Cortis als Kapellmeister und einziger Sänger über sein Orchester ärgern darf, und anschließend den Opern- schwank „Die Klingel“ von Gaetano Donizetti.-

Zum Schluß der Festspiele kam das Feinste, die Schubert-Matinee von Elly Ney. Die bald 78jährige Künstlerin wird von Jahr zu Jahr inniger und reifer, ohne daß das jugendliche Feuer litte. Der „Wanderer" und die „Forelle" perlten aus dem Spiel Elly Neys und ihrer Mitwirkenden.

Mit Recht wurde die Frage gestellt, warum Bregenz zwar seit einigen Jahren ein wunderschönes Kongreßhaus, aber keinen Kongreß zur Festspielzeit hat. Bregenz könnte wirklich zur Sommerszeit ein Zentrum werden, von dem österreichische Kultur jauf- ljęn Iachbarlan-įejp usstrąhlt.- flfst r įęh tg /döqJjnWßh yiel mehr z jjJWgP

Musik! Es gibt noch Gelegenheiten, die bisher nicbt- genützt wurden.

Für 1959 darf man . mit Befriedigung feststelleri, daß Bregenz seinen 14jährigen Ruhm als Festspielstadt erhalten und gesteigert hat.

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