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700 JAHRE STADT GMUNDEN

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Der Umschlagplatz an der Mündung der Traun

Ende des 19. Jahrhunderts wurden an den Ufern des Traunsees, den die Römer „lacus felix“ oder „lacus Vene-ris“, den „Glücklichen See“ oder den „See der Venus“ nannten, auf dem Boden Gmundens die ersten Funde gemacht, die von menschlichen Siedlungen aus grauer Vorzeit Kunde gaben. Es waren Überbleibsel von Pfahlbauten, deren Verbindung mit dem Ufer durch Stege aufrecht erhalten wurde. Man fand im Schlamm Schmuck- und Gebrauchsgegenstände, die aus der Steinzeit stammen.

Wie für die Steinzeit beweisen auch Funde für die folgende urgeschichtliche Periode, die Bronzezeit (ca. 1500-1000 v.Chr.), die Anwesenheit von Menschen am Traunsee. Sie wurden bei der Bloßlegung eines großen Gräberfeldes nördlich von Gmunden gemacht. Die Gräber waren reich mit Beigaben ausgestattet, doch die Erhaltung der Skelette war überaus schlecht. Das altbronzezeitliche Gräberfeld reicht um tausend Jahre über die Hallstätter-Periode zurück. In jene Zeit also, da die Gründung des weltbeherrschenden Rom sich im Dämmer der Sage verliert. Als jene Menschen hier schalteten und walteten, da war das homerische Troja noch nicht zerstört, die Heldenlieder an Hektor und Achill waren noch nicht gesungen ...

Aus der älteren Eisenzeit (ca. 1000-400 v. Chr.) haben sich gleichfalls Belege für die menschliche Besiedlung der Gegend am Nordufer des Traunsees gefunden.

14 n. Chr. erlagen die Kelten, die um die Wende des 5. Jahrhunderts v. Chr. die damaligen Bewohner des heutigen Salzkammergutes, die Illyrer, unterworfen hatten, dem siegreichen Vordringen der Römer, und so kam auch die Traunseegegend unter römische Herrschaft. Ein römisches Kastell auf dem Platze des Seeschlosses Ort und ein römischer Wachtturm auf der Höhe des Wunderburghügels sind als sicher anzunehmen. An die fast fünf Jahrhunderte dauernde Römerherrschaft, die mit dem Zusammenbruch des weströmischen Reiches 476 ihr Ende fand, reiht sich die germanische Zeit an.

Zeichen germanischer Ansiedlun-gen sind im Gebiete des Traunsee-gaues nie gefunden worden, da die Germanen keine festen Städte, Burgen oder Tempel bauten. Zu Beginn des 6. Jahrhunderts ließen sich die Bajuwaren, ein heidnischer Volksstamm germanischer Abkunft, als Siedler im

Traunseegebiet nieder, wobei neben ihnen Reste der keltischen Bevölkerung und Familien romischer Abkunft lebten. Der Bayernherzog Theobert schenkte noch 770 fünfzehn solche Romanen dem Frauenkloster auf dem Nonnberg zu Salzburg.

Der Umschlagplatz am „Gemünde der Traun“, am Ort des heutigen Gmunden, der von den Kelten und Römern schon zum Umladen des Salzes - das von Hallstatt auf der Traun und dann über dem See gebracht wurde - für den Transport ins Landesinnere benutzt worden ist, behielt seine Bedeutung durch das Dunkel des Mittelalters bis in die jüngste Vergangenheit. So begann, sich allmählich aus einer schon sehr früh bestandenen Ansiedlung, etwa einem Dorf, an dieser Stelle im Laufe der Jahrhunderte vorerst ein Markt und endlich die Stadt Gmunden zu entwickeln.

Bis zum Ende des 12. Jahrhunderts hielten sich die geistliche und weltliche Macht in Gmunden die Waage. Unter den Babenberger-Herzogen begann sich dieses Verhältnis zugunsten der weltlichen zu verschieben. Gmunden gewann als Umschlagplatz für Salz, Getreide, Wein und Lebensmittel aller Art und als Handelsplatz immer mehr Bedeutung, so daß sich aus der Siedlung allmählich ein befestigter, mit dem Rechte zur Abhaltung von Märkten, wie der „corporativen“ Selbstverwaltung ausgestatteter, von der Gewalt des Landesgerichtes wenigstens zum Teil befreiter Ort entwickelte.

Eine genaue Zeitangabe für die Stadterhebung Gmundens ist mangels jeder urkundlichen Nachricht unmöglich. An Hand einer rigorosen Beweisführung kam man zu dem Ergebnis, daß Gmunden zwischen 1230 und 1278 eine landesfürstliche Stadt war. ')

Der Umschlagplatz hieß dann im 17. Jahrhundert „Die kaiserlich landesfürstliche Stadt“ und im 18. Jahrhundert „Die Kaiserlich Königliche landesfürstliche Stadt Gmunden“.

Gmunden war schon in früher Zeit ein befestigter Ort. Stadtmauer und Ringmauer umgaben mit dem Stadtgraben die mittelalterliche Siedlung, und sieben Türme an den markanten Stellen vervollständigten den Schutzwall. Gegen den See hin verteidigte sich die Stadt durch eine aus dem Wasser aufragende dichte Reihe von Pfählen, die nur durch ein Gatter passierbar war.

Die Wehrhaftigkeit Gmundens wurde durch die „Veste am Gugl“, die

„Burg“, den „Thurm“, also die „Wun-nenburg“ bedeutend erhöht. Kaiser Maximilian I., ein gewandter und „unerschrockener Jäger“, verweilte wiederholt in Gmunden zur Jagd auf dem Traunstein. Er besaß auf der Burg zu Gmunden „unter dem Dache“ eine Waffenkammer und war wohl der prominenteste Gast der „Wunneburg“ zu Gmunden im Laufe ihrer Geschichte.

Im Bauernaufstand 1626, am 28. Mai, zogen 4000 Mann der aufständischen Bauern, ohne daß ihnen von den größtenteils prostestantischen Gmundnern geringster Widerstand geleistet wurde, in die Stadt ein, wo ihnen zahlreiche Waffen und Munition ausgeliefert wurden. Das Seeschloß Ort, das ihrem verhaßten Widersacher, dem Initiator des „Frankenburger Würfelspiels“, Graf Herberstorff, gehörte, die Pfarrkirche und Privathäuser Gmundens wurden ausgeplündert und zerstört. Hier bei Gmunden, in nächster Nähe der Ortschaft Pinsdorf, fiel dann am 20. November 1626, in der „Schlacht bei Gmunden“ die Entscheidung im verzweifelten Ringen der Bauernschaft im Lande ob der Enns. Die Aufständischen wurden unter General Pappenheim vernichtend geschlagen, und mit diesem TrefTen fand die Erhebung der Bauernschaft ihr blutiges Ende. Die Stadt wurde in diesem Bauernkrieg zum ersten und letzten Mal in ihrer Geschichte vom See aus beschossen. Durch viele Jahre litt Gmunden unter den Folgen dieser Bauernerhebung, so daß „viele sowohl in der Stadt, wie auf dem Lande den Hungertod starben“.

Im Spanischen Erbfolgekrieg (1701-1714) wurden Truppen einquartiert, im österreichischen Erbfolgekrieg (1740-1748) wurde Gmunden von Bayern und Franzosen besetzt, und die Stadt wurde für 110 Tage eine „bai-risch kurfürstliche Stadt“. Während der drangvollen napoleonischen Zeit wurde die Stadt dreimal von Feinden besetzt.

Der Stadt blieb im Laufe der Jahrhunderte ihrer Geschichte kein Übel erspart. Die erste Kunde vom Erscheinen der Pest stammt von 1552. Auch Typhus, Blattern und Cholera wurden unheimliche Gäste der Stadt und holten sich zahlreiche Opfer.

Die Bahnlinie Linz-Gmunden - im Frühjahr 1834 begonnen - bildete die Fortsetzung der am 1. August 1832 als erste Eisenbahn auf dem europäischen

Kontinent dem Verkehr übergebenen Strecke Budweis-Linz.

1859 wurde die Straße Traunkir-chen-Ebensee vollendet. Sie muß wohl mit dem Teil Gmunden-Traun-kirchen zu den schönsten Straßen Österreichs gezählt werden, führt sie doch am Ufer des Traunsees durch eine der romantischsten Gegenden des Landes.

Einer der bedeutendsten Gmundner war Magister Johannes von Gmunden, der „Vater der mathematischen und astronomischen Wissenschaft in Deutschland“, der als erster Berechner eines auf mehrere Jahre brauchbaren Kalenders zu gelten hat. Seine Hauptbedeutung lag in seinen astronomischen Schriften und Instrumenten, die als bahnbrechend in der Sternkunde betrachtet wurden.

Viele Sommer verbrachte in Gmunden der Ästhetiker und Dichter Friedrich Theodor Vischer; Franz Keim lernte hier Friedrich Hebbel kennen; die großen Tondichter Brahms, Schubert und der heimische Evangelist Ha-bert waren begeisterte Freunde der Stadt. Stelzhamer weilte wiederholt

hier, und mit ihm fanden zahlreiche andere Poeten Anregung zu ihren Schriften. Der Erzähler und Dramatiker Ludwig Huna (1872-1945), der Verfasser der „Borgia-Trilogie“, schuf hier den Roman „Wunder am See“, in dem er den Eremiten Haid, 1500 Jahre nach der Zeit, als Christus am Kreuze verblich, auf diesem Boden seine Wunder tun läßt und die alte Stadt und die „Seeveste Ort“ in seine hervorragende Naturschilderung stellt.

Joseph Viktor von Scheffel, Nikolaus Lenau, der unglückliche Dichter der schwermütigen Schilflieder, der in seiner Dichtung „Faust“ so skeptisch beleuchtete Lebensbilder zeichnete und dem Wahnsinn verfiel, Peter Ro-segger, der Verfasser der „Schriften des Waldschulmeisters“ und der Dichter Leopold Schleifer weilten in Gmunden und waren von Stadt und Umgebung begeistert. Anton Bruckner besuchte wiederholt die Stadt und fand wie die vielen anderen Tonkünstler und Dichter in der herrlichen Gegend manche Anregung zu seinen Werken.

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