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Abtreibungen aus Profitgier

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Seit dreieinhalb Jahren macht Michaela Radauer, praktische Ärztin in Wien, in ihrer Ordination Abtreibungen. Sie hat im In- und Ausland für ihre Tätigkeit geworben, sie zahlt Provisionen, auch an Ärzte, denen das sehr peinlich ist, und bereits vor mehr als einem Jahr hat sie sich durch ihre Vorgangsweise ein Disziplinarverfahren in der Ärztekammer eingehandelt.

Dies hat sie aber nicht gestört, Ende April wurde eine weitere Werbewelle von Stapel gelassen, die eine Preiserhöhung ankündigt und die -wenn auch verschleiert - die Vermittlung finanziell schmackhaft machen soll.

Nun laufen eine ganze Reihe von Anzeigen gegen sie und die Wiener Ärztekammer sah sich veranlaßt, in einem Rundschreiben vor „standeswidrigem Verhalten“ zu warnen und alle Außenseiter des Standes zu ermahnen, sie mögen sich doch an die „akademischen Spielregeln“ halten.

Denn nicht nur Frau Radauer bricht diese. Wir nähern uns bereits der zweiten Phase, die üblicherweise im Abtreibungsgeschäft eintritt: jener Phase, in der man im beinharten Kampf um das Geschäft die Preise gegenseitig unterbietet. Das medizinische Service wird reduziert, auf der

Strecke bleibt die Gesundheit der behandelten Frauen. Aber in Österreich kann man sich das ohne weiters leisten, denn über gesundheitliche Folgen der Abtreibung werden ja behördlicherseits keine Erhebungen verlangt.

Sieht man von der menschlichen Tragik ab, so ergeben sich sehr interessante Aspekte, für die es noch keine Antwort gibt. Denn obzwar es klar ist, daß die Zahlung von Provisionen unter Ärzten unstandesgemäß ist, kann folgende Frage nicht eindeutig beantwortet werden: ist es nicht auch unstandesgemäß, wenn Ärzte ihr Honorar von Agenturen für Abtreibungsvermittlungen bekommen? Zwar holen sich diese Agenturen ihr Geld von der Schwangeren, aber zur Zahlung käme es natürlich niemals, wenn nicht der ärztliche Service dahinter stünde.

Man brauchte kein Prophet zu sein, um voraussagen zu können, daß eine derartige Entwicklung auch auf unser Land zukommen wird. Deshalb hat die Volkspartei bereits vor einigen Jahren im Parlament einen Antrag eingebracht, der ein Propaganda-Verbot für Abtreibungen und ein Ankündigungs-Verbot für Abtreibungsmittelverlangte; freilich wurde dieser Antrag prompt von den Sozialisten abgelehnt.

Wenn auch eine amerikanische Studie behauptet, Österreich läge im internationalen Spitzenfeld der Schwangerschaftsabbrüche, dann ist das zwar ein trauriger Rekord, Verwunderung sollte er jedoch nicht auslösen.

Noch immer haben wir einen kleinen Spielraum für ein Rückzugsmanöver, vielleicht stimmt die Studie nicht. Nach wie vor, weiß niemand in unserem Land, wieviele ungeborene Kinder vorzeitig getötet werden; die Tatsache freilich, daß eine derart wichtige Frage unerhoben bleibt, ist an sich ein Armutszeugnis für unser Land.

Daß nicht mehr, sondern weniger abgetrieben wird, sollte ein ganz wesentliches Anliegen der neuen Regierung - wie immer sie aussehen mag -sein. Dieses Anliegen zu unterstützen, wird Aufgabe aller Menschen guten Willens sein.

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