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BEFÖRDERUNGSMITTEL IN FILMEN

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Keiner erwähnt es je — aber was mich in der unwirklichen, von unserer Welt so verschiedenen Welt de Filmes am meisten freut, sind die Beförderungsmittel. Diese Transporteinrichtungen fesseln mich mehr als die Gesichter und Figuren der weiblichen Stars. Reisen im Film verläuft so reibungslos, pünktlich, schnell und mühelos. Hier unten auf Erden, wo die Dinge sowohl schwer wie böswillig sind, bewegen wir uns nur mit Schwierigkeiten fort. Unsere Autos springen nicht an — oder ruckeln und schuk-keln, wenn sie es tun. Taxis sind nicht zu finden und benehmen sich, wenn sie gefunden werden, oft schlecht. Züge haben häufig sowohl bei der Abfahrt wie bei der Ankunft Verspätung. Fahren sie einmal, so rattern und dröhnen sie und verursachen uns Kopfweh. Schiffe lichten meistens einige Stunden nach der planmäßigen Zeit den Anker; sie stinken nach Farbe, Kohl, öltuch und Brackwasser; sie beben und schaukeln und stampfen; und landen statt am Dienstagmorgen am Donnerstagabend. Was Flugreisen betrifft, so bestehen sie hauptsächlich aus langem Warten in Schuppen voll kalter Zigarrenstummel oder auf ungeschützten, windigen Startbahnen. Und immer, sei es nun auf dem Luft-, See- oder Schienenweg, ist man den Scherereien mit dem Gepäck, der Böswilligkeit schwerer Gegenstände, ausgesetzt . . .

In der phantasmagorischen Welt des Films dagegen springen Autos sofort an, tauchen Taxis prompt auf, und alle gleiten da hin wie Gondeln; Züge fahren innerhalb von zwei Sekunden ab oder kommen dementsprechend an; und sobald irgendein Hauptdarsteller einen Flughafen betritt, donnert ein geeignetes Flugzeug heran, läßt eine Treppe herab, nimmt ihn oder sie schleunigst auf und saust davon, ehe man „Metro-Goldwyn-Mayer“ sagen kann. Außer in komischen Filmen, die unserer Welt näherstehen, gibt es kein Gepäckproblem, riesige Seihrankkoffer werden magisch in entfernte Hotelsuiten projiziert. Was diese Film-hclden am Ende einer Reise sagen und tun. erweckt in mir nur bitteren Hohn. Ich beneide sie nicht um ihre Liebesgeschichten, nicht um die Arbeit, die sie nfe tun, nicht um den Spaß, den sie angeblich haben, nicht um ihre Kleidung und Gesellschaften, nicht um den köstlichen Braten und den Eisbecher, den sie bestellen und nie essen. Aber ich erfreue mich an ihren Beförde-rungsfazilitäten, die aus dem gleichen Stoff hergestellt sind wie Träume...

Aas „Köstlich, köstlich'. V™ I. t Prtesttey, 'hnie-Maller-Verlag. München. *

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