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Ausbruch aus der Grenzlage

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Bei einer Auswahl nach Ländern finden Ungarn, die CSFR und mit Abstrichen auch Polen unter den ober-österreichischen Unterneh-men das meiste Interesse -sieht man von der ehemali-gen DDR als Sonderfall ab.

Besonders die Reformen in der CSFR als unserem un-mittelbaren Nachbarland lie-ßen die Absichten zu Firmen-gründungen, Beteiligungen oder anderen Arten von Zu-sammenarbeit sprunghaft ansteigen, und zwarnichtnur bei großen Unternehmen, sondern auch bei kleinen und kleinsten. Im folgenden soll deshalb näher auf die CSFR eingegangen werden.

Im Mühlviertel ist es oft nur der Wunsch, aus der durch die "tote Grenze" bewirkten Randlage auszubrechen. Hier besteht vitales Interesse, die menschlichen und wirtschaftlichen Kontakte neu zu knüpfen oder zu verstärken. Die gemeinsame kulturelle und wirtschaftliche Vergangenheit wird wiederum neu entdeckt, familiäre und freundschaftliche Bindungen können sich entfalten. Uberall auf der Welt begünstigt die Nachbarschaftslage die wirtschaftlichen Beziehungen, sofern ein freier Handel möglich ist. Das ist auch die große Chance Oberösterreichs gegenüber der CSFR und vor allem gegenüber Südböhmen mit Budweis.

Auch wenn an den gesetzlichen Rahmenbedingungen für ausländische Investitionen noch vieles klargestellt oder verbessert werden muß, wurde bereits eine Reihe von Joint-Ventures eingegangen und auch Niederlassungen oberösterreichischer Firmen wurden gegründet. Die Motive liegen in der Nutzung des Marktpotentials oder einfach darin, zeitgerecht vor Ort präsent zu sein. Viele Absichtserklärungen liegen vor, zu deren Realisierung aber noch die Verselbständigung tschecho-slowakischer Betriebe abgewartet werden muß. Andere Absichtserklärungen konnten nicht verwirklicht werden, weil sie an den unrichtigen Partner gerichtet wurden.

Besonders rege entwickeln sich Auftragsfertigung, Lohnveredelung und andere Formen kleinerer Koopera-tionen. Dies ist durchaus eine gute Möglichkeit, den Partner kennenzulernen, an einen westlichen Standard zu gewöhnen, um später mit ihm zu einer intensiveren Zusam-menarbeit zu kommen. Das tschecho-slowakische Unter-nehmen erhält Know-how in vielerlei Beziehung und oft auch Ausrüstungen. Für die oberösterreichischen Firmen ergibt sich kurzfristig der Vorteil, Kapazitätsengpässen im Inland und dem Fachar-beitermangel auszuweichen.

Der Lohnkostenvorteil hin-gegen verspricht oft mehr als er hält. Diese Zusammenarbeit ist vor allem bei der Metall- und Holzbearbeitung, im Maschinenbau und im Tex-tilbereich festzustellen. Chancen gibt es darüber hinaus dort, wo die Schwächen der tschecho-slowaki-schen Wirtschaft eklatant sind, nämlich im Dienstlei-stungssektor einschließlich Handel, Tourismus und Be-ratungswesen, Marketing, Schulung et cetera.

Bei der diesjährigen Land-wirtschaftsausstellung in Budweis vom 24. August bis 5. September stellte sich die oberösterreichische Wirtschaft als Partner für Südböhmen vor. Weit über 100 Kooperationswünscbe wurden von den böhmischen Un-ternehmern angemeldet und an die oberösterreichische Wirtschaft weitergegeben. Eine Kooperationsbörse auf EDV-Basis wird aufgebaut. Kontakttreffen und Seminare in Österreich und in Süd-böhmen dienen ebenfalls der Information und dem sich Näherkennenlernen. Das WIFI veranstaltet sehr gut besuchte Tschechisch-Sprach-kurse und arbeitet mit südböhmischen Instituten bei der Erstellung von Ausbildungsprogrammen zusammen. Die Kammer war auch Mitinitiator der Ost-West-Akademie, die sich der Managementausbildung widmet.

Angestrebt werden muß eine Verbesserung der Bahn-und Straßenverkehrsverbindungen. Derzeit bestehen zwei oberösterreichische Straßengrenzübergänge zur CSFR. Der Pkw- und Auto-busverkehr ist stark angestie-gen, sodaß ein punktueller Ausbau dringend notwendig ist. Gewünscht wird auch die Öffnung eines dritten Grenz-überganges im Bereich des Bezirkes Rohrbach. Der Ausbau der Verkehrsverbin-dungen erfordert eine sorg-fältige Planung unter Einbin-dung der Anraineranliegen. Auf das Freundschaftsab-kommen zwischen Ober-österreich und Südböhmen aus dem Jahre 1987 geht der Wunsch nach Schaffung einer Touristenzone um den Plöckensteiner-See zurück. Der Tourismus hat durch Aufhebung der Visa-Pflicht stark zugenommen. Alles in allem ist sich die Wirtschaft der Herausforderung bewußt und nimmt sie auch an.

Der Autor ist Leiterder Abteilung für Handelspolitik und Außenhandel der Handelskammer OÖ.

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