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Das postmaterielle Zeitalter — es lebe!

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Sie geben finanzielle Unabhängigkeit auf, verzichten auf das Image, das eine Erwerbskarriere vermittelt: echte Aussteigerin-nen, Frauen, die sich bewußt für ihre Kinder entscheiden.

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Sie geben finanzielle Unabhängigkeit auf, verzichten auf das Image, das eine Erwerbskarriere vermittelt: echte Aussteigerin-nen, Frauen, die sich bewußt für ihre Kinder entscheiden.

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Es gibt Bücher, die kommen im rechten Augenblick. Das Opus „ ,Nur'-Hausfrau, Zeit haben für die Zukunft unserer Kinder“, herausgegeben von Elisabeth Motsch-mann, ist so eines. Denn hier wagen es sechzehn junge, moderne, emanzipierte Frauen, in bewußter Bejahung von ihrem Familienalltag, von ihrem Leben mit den eigenen Kindern zu berichten.

Alle haben die schwere Entscheidung zugunsten der Betreuungsauf gäbe an ihren Kindern getroffen: Die meisten haben sogar in hochqualifizierten, lukrativen und geliebten Berufstätigkeiten eine langjährige Pause eingelegt, mit allen Risiken, die damit verbunden sind. Sie haben's wirklich ähnlich wie der alte Hutten „gewagt mit Sinnen“—und tragen des doch kein' Reu'!

Dabei geht es aus allen Berichten hervor: Es handelt sich nicht mehr um den selbstverständlichen Weg eines alternativlosen Geschlechtes, 'sondern um die Hochleistung einer neuen Moral. In fast allen Fällen wurde die Ausrichtung in eine konträre Richtung aufgegeben: finanzielle Unabhängigkeit, die gleichzeitig höchste gesellschaftliche Anerkennung genießt.

Ein Weg wurde genau an der Stelle abgebrochen, wo sich lange und mühevolle Ausbildungen auszuzahlen anfingen, wo eigentlich die Ernte der ganzen Mühsal beginnt, wo die „Erwerbskarriere“ einsetzen könnte.

Der Entschluß dieser Frauen ist in der Tat heroisch; denn statt vielleicht sogar leitende Positionen einzunehmen, machten sie sich — meist ohne jede zusätzliche Hilfe — zur unbezahlten Magd ihrer Familien rund um die Uhr; und das, obgleich die meisten nicht eine Ausbildung in Hauswirtschaft, sondern eine jahrzehntelange Beschulung in Theorien der vielfältigsten Art hinter sich hatten.

Und dennoch wählten diese Sechzehn: Herz, Kopf und Hand statt nur Kopf, Kindergetön statt Schreibtisch, Laufdienst, Kochdienst, Nachtdienst, Chauffeurdienst — statt irgendeinen possierlichen weißen Kittel.

Warum? Nicht weil sie dumm, sondern weil sie von Verantwortungsgefühl und vom Willen zu einem gelebten Christentum getragen sind. Und: Weil sie auf die Liebe setzen - für ihre Kinder, für ihre Männer und ihren Schöpfer, der ihnen den Lebensauftrag, Mütter zu sein, zumaß. Sie wählten den schwereren, opferreicheren, aber deshalb auch einen höchst wertvollen Weg.

Diese Frauen leben das „postmaterielle Zeitalter“, von dem soviel geschwätzt wird. Sie setzen darauf, daß ihre Arbeit an den Kindern in der Freude an deren seelisch gesunder Entwicklung ihren Lohn findet.

Sie kennen sehr bewußt einen höheren Wert als ihr Ich, als ihr Geld, ihr Prestige und ihre Bequemlichkeit. Sie erzählen von ihrem Vertrauen in das Leben, auch davon, daß sie nach dem Aufziehen ihrer Kinder zu anderen Formen der „Selbstverwirklichung“ Gelegenheit bekommen werden.

Erwartet hatten wir eine moralische Unterstützung und realistische Hilfsprogramme für die jungen, oft überanstrengten, weil allein gelassenen Mütter von der neuen „C“-Regierung in der Bundesrepublik. Die von Kanzler Helmut Kohl versprochene „Renaissance der Mütter“ blieb aber aus.

Die „autonome Frau“ — wie sie durch unsere feministische Familienministerin entworfen wird —, die gar nicht erst das Risiko einer Versorgungsehe eingeht, dieses alte Modell also, das seine zerstörerischen Auswirkungen längst sichtbar gemacht hat, wird uns ein wenig geschminkt als neu präsentiert.

Nachdrücklich weist Elisabeth Motschmann in ihrer Einleitung zu dem Buch darauf hin, wie illusorisch es ist, eine effektive Entlastung der Mütter durch den postulierten Rollentausch und das Hausmannidol erreichen zu wollen.

Aber — so zeigt dieses Buch — es gibt sie, die echt staatstragenden Väter und Mütter, die sich im fröhlichen Gottgehorsam dennoch zum „fiat mihi“ (mir geschehe nach Deinem Willen) entschließen und sich auf ihr Gefühl für das Richtige und auf ihr Gewissen verlassen. Hellwache, geistreiche Mütter dokumentieren das in diesem Band mit ihrem hoffnunggebenden Bekenntnis.

NUR-HAUSFRAU? - Zeit haben für die Zukunft unserer Kinder. Von Elisabeth Motschmann. Hanssler-Verlag, Stuttgart 1986. 222 Seiten, öS 177,80.

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