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Dem Staat fehlt Druck

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Die Finanznot der öffentlichen Haushalte, die zunehmende Verschuldung und der immer stärker werdende Steuerwiderstand der Bürgerzwingen alle Ebenen des öffentlichen Sektors zu einer Änderung ihrer bisher betriebenen expansiven Einnahmen- und Ausgabenpolitik.

Nachdem lange Zeit der Ruf nach mehr Staat die politische

Landschaft dominiert hat, werden heute immer mehr Stimmen laut, die eine Rückführung staatlicher Aktivitäten in die Privatwirtschaft fordern. Nicht zuletzt die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der öffentlichen Aufgabenerfüllung hat Zweifel an der Funktionsfähigkeit des staatlichen Zuweisungsmechanismus aufkommen lassen.

Während die Notwendigkeit einer staatlichen Ordnung kaum jemals in Frage gestellt wurde, herrscht Uneinigkeit vor allem bezüglich Umfang und Art und Weise der Staatstätigkeit. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob und inwieweit sich der Staat auch unternehmerisch betätigen soll.

Die Finanzwissenschaft beschäftigt sich zwar ausführlich damit, welche Güter als öffentlich oder meritorische („wünschbare“) Güter zu gelten haben, vernachlässigt jedoch, daß diese Güter nicht notwendigerweise auch vom Staat in staatseigenen Betrieben produziert werden müssen. Die Beantwortung der Frage nach der notwendigen wirtschaftlichen Betätigung des Staates ist nicht zuletzt auch eine gesellschaftliche und politische Frage.

Das Fehlen ökonomischer Rationalitätskriterien im öffentlichen Sektor führt zu ineffizienter Leistungserstellung und somit zu einer Verschwendung volkswirtschaftlicher Ressourcen. Denn öffentliche Güter und Leistungen haben in der Regel keinen Preis, da sie über Steuern finanziert werden. Die Bewertung des öffentlichen Leistungsangebots erfolgt nur über die Inputs, d. h. über die Kosten. Wird aber der Wert staatlicher Leistungen in

Kosten gemessen, so ergibt sich definitorisch eine paradoxe Situation: Je höher die Kosten, umso besser ist die Versorgung mit öffentlichen Leistungen. Die Folge ist ein Uberangebot an zu teuren öffentlichen Leistungen. In verschiedenen Ländern und Bereichen durchgeführte Kostenvergleichstudien ergaben in der Mehrzahl der Fälle, daß die öffentliche Produktion 50 bis 100 Prozent teurer ist im Vergleich zur privaten Produktion.

Doch gibt es weitere Ursachen für die öffentliche Verschwendung. Da im öffentlichen Sektor der Wettbewerb fehlt (öffentliche Unternehmen besitzen häufig eine Monopolstellung), haben die Vertreter des Staates einen wesentlich größeren Handlungsspielraum zur Maximierung ihres eigenen Nutzens (Macht, Einkommen und Prestige).

Die ökonomische Theorie der Verfügungsrechte führt Ineffi-zienzen im öffentlichen Sektor auf das Bestehen kollektiver Eigentumsrechte zurück. Während die privaten Kapitaleigner aufgrund ihrer Mitgliedschaft Druck auf das Management ausüben und außerdem ihre Eigentumsrechte auf dem Markt verkaufen können, haben die kollektiven Eigentümer (durch die Wähler vertreten) nur indirekt und in bestimmten Zeitabständen die Möglichkeit, im Rahmen des politischen Prozesses ihren Einfluß geltend zu machen. Die Steuerungsmechanismen Markt und Wahl sind demnach nicht gleichwertig: Es fehlt der Druck des Eigentümers.

Markt entscheidet

Dies sind nur einige Aspekte, die die Notwendigkeit einer grundsätzlichen Analyse der Staatstätigkeit deutlichmachen. Der Staat soll wieder auf seine eigentlichen Aufgaben zurückgeführt werden, indem er für Sicherheit und Ordnung sorgt und somit den Rahmen schafft, in dem sich die Marktwirtschaft erst etablieren kann. Weitere Aufgaben soll der Staat im Sinne des Subsi-diaritätsprinzips nur dann wahrnehmen, wenn die private Wirtschaft versagt, d. h., wenn bestimmte gesellschaftlich erwünschte Aufgaben nicht erfüllt werden.

Um mögliche Privatisierungsbereiche ohne aufwendige Kostenvergleichsstudien ausfindig machen zu körinen, bedarf es nur einer grundsätzlichen Einigung darüber, private Anbieter zuzulassen. Der Wettbewerb ist ein Entdeckungsverfahren, der alle Unternehmer zur Anwendung der jeweils rationellsten Produktionsmethoden zwingt, Innovationen fördert und ineffiziente Produzenten vom Markt verdrängt.

Soziale Voraussetzung für eine liberale Lösung der Aufgabentei-lung zwischen öffentlichem und privatem Sektor ist eine breite Streuung des Eigentums (z. B. durch Arbeitnehmerbeteiligungen). Weiters eine verstärkte Anwendung des Verursacherprinzips etwa im Umweltschutz.

Durch steuerliche Maßnahmen könnte an Stelle der ineffizienten Objektförderung (z. B. sind subventionierte Staatsopernkarten einkommensneutral) eine den tatsächlichen Bedürfnissen entsprechende Subjektförderung mit einem größtmöglichen Maß an Konsumentensouveränität treten.

Der Autor ist Professor für politische Ökonomie an der Universität Innsbruck.

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