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Der Himmel und der dritte Weltkrieg

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„Ich bin 15 Jahre und habe es satt, mich von Erwachsenen belehren zu lassen, was ich sei. Ich hatte die Idee, und realisiert wurde sie von Jugendlichen und mir. Wir wollen endlich einmal selbst über uns berichten.“ So schrieb einer der 137 Preisträger des „Großen österreichischen Jugendpreises 1979“, d_er nun bereits zum zweitenmal von der „Communica“, einer PR-Agentur, mit den finanziellen Mitteln der „Ersten österreichischen

Spar-Casse“ durchgeführt wurde. Dieser etwas provokante Ausspruch umreißt kurz die derzeitige Situation der Jugendlichen, deren Köpfe voll von tollen Ideen sind. Sie sind aber mangels finanzieller Unterstützung und

Bereitwilligkeit der sogenannten Erwachsenen meist zum Scheitern verurteilt.

Aus der großen Menge von erwähnenswerten preisgekrönten Beiträgen seien nur fünf besonders eindrucksvolle herausgegriffen.

In der Kategorie „Wissenschaft und Technik“ drängte sich der 17jäh- rige Robert Weinzierl aus Schärding auf, der für sein Forschungsprojekt zur chemischen Synthese eines Genabschnittes sowohl einen Hauptpreis als auch einen Sonderpreis des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung in Form eines Stipendiums bekommen hat. Die Arbeit, die teilweise sogar das Prädikat wissenschaftlich verdient, setzt große Kenntnisse auf den Gebieten der Chemie und Biologie voraus. Aus diesem Grund zweifelte die Jury anfangs an der Originalität dieses Werkes, mußte aber nach einer Untersuchung die Leistung des jungen Mannes voll als die seine anerkennen.

Interessante Überlegungen zum Thema „öffentliche Verkehrsmittel in Wien“, das zur Kategorie „Umwelt und Lebensqualität“ gereiht wurde, stellte Georg Kupf aus Wien, 15 Jahre, an. Er hält das derzeitige Verkehrsnetz für durchwegs sanierungsbedürftig, nachdem er sich schon seit geraumer Zeit mit diesem Problem und möglichen Alternati ven beschäftigt hat. „Äußerst sorgfältig und brauchbar“, wie ein Fachgutachter von der Wirtschaftsuniversität Wien konzedierte. Worum geht es bei diesem Verkehrskonzept? Georg schlägt u. a. vor, die zur U-Bahn parallel laufenden Straßenbahnlinien beizubehalten, um sowohl den Nah- als auch den Fernverkehr zu beschleunigen. Seine Ideen wurden als „nicht überdimensional“ beurteilt und sogar mit einem Hauptpreis (S 15.000)

ausgezeichnet.

„Und die schreckliche Folge dieses Materialismus? Schau dir die sogenannte Gesellschaft an! Wahrheit und diese sogenannte Gesellschaft sind die ärgsten Gegensätze!“ spricht der Apostel Matthäus in dem Einakter „Das

Finale“ von Christoph Gellert, 16 Jahre. Dieses kurze Theaterstück, das in der Kategorie „Kunst, Literatur und Musik“ prämiert wurde, spielt im Himmel. Die vier Evangelisten diskutieren über den bevorstehenden Ausbruch des dritten Weltkriegs, und ob sie den „Chef1 bitten sollten, dies zu verhindern. Der Wiener Schottengymnasiast verpackte in seine Arbeit gezielte Gesellschaftskritik und eine durchaus sympathische Version, wie es im Himmel zugehen könnte. „Begabt!“ stellte der Schriftsteller Jörg Mauthe dazu fest.

Die meisten Preise wurden in der Kategorie „Mensch und Gesellschaft“ vergeben. Darum seien aus diesem Gebiet zwei Preisträger erwähnt, deren Einsendungen die Allgemeingültigkeit des Anfangszitates zusätzlich unterstreichen.

„Strafen bringen keine besseren Noten“ ist der Titel einer Arbeit der 13jährigen Annette Ofner aus Wien, die sie auch schon im Fernsehen recht gekonnt präsentiert hat. Mit Hilfe von Fragebögen organisierte sie eine

Umfrage im Bekanntenkreis. („Wenn Du eine schlechte Note bekommen hast, was passiert dann zu Hause?“ oder „Setzen Dich Deine Eltern unter Druck?“) Sie kam zu dem Schluß, daß Kinder, die Angst haben,

nicht besser lernen als Kinder, die nichts zu befürchten haben. Diese These dürfte wohl auch einer statistischen Nachforschung standhaften.

In literarischer Form versuchte die 17jährige Kärntnerin Annelies Schöffmann den Generationskonflikt darzustellen. In ihren „Briefen an einen Erwachsenen“ schildert sie das Ignorieren und Beiseiteschieben der Kinder und Jugendlichen in der Erwachsenenwelt.

Besonders die letzten drei erwähnten Arbeiten zeigen ganz deutlich das bei den jungen Leuten vorhandene Gedankengut, daß sie nicht einfach so dahinleben und nicht den Schlendrian der „Alten“ angenommen haben,

sondern daß sie sehr wohl mit den Mißständen unserer Zeit etwas anzufangen wissen. Nur so weiter!

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