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Der Journalistenpapst

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Noch ehe er Staatsmanner und hohe Gaste aus aller Welt empfing, hatte Papst Johannes Paul I. die Journalisten zu sich geladen. Rund tausend waren es. Bis ins Fernsehen schlug durch, wie gut es den Vertretern jenes Standes tat, der einmal als ,junfte Weltmacht“ bezeichnet wurde: Er wäre selbst gern Journalist geworden, sagte der Papst. Dieser so geäußerten Wertschätzung fügte er noch die schon lange kursierende Spekulation hinzu: Heute wäre wahrscheinlich der hl. Paulus Journalist, ja ,ßirektor der Nachrichtenagentur Reuter“ geworden.

Klar, daß es dafür stürmischen Applaus der Journalisten gab.

Verehrte Leser, so schön das alles in Journalistenohren klingen mag -ich fühle mich bei diesem „Paulus, der Journalist“-Büd nicht wohl. Ich frage mich da: Was wäre das für eine Nachrichtenagentur, wo sein Direktor nur Nachrichten durchließe, ja nur durchlassen dürfte, die der „Verkündigung“ dienen? Die also auf ein bestimmtes Ziel hin orientiert, modern ausgedrückt: „manipuliert“ werden müßten?

Gewiß hat auch vor bald einem Jahr der jetzige Kardinal Benelli in einem Interview mit dem Rheinischen Merkur“ gemeint, „Information“ in der kirchlichen Publizistik auf „Verkündigung“ reduzieren zu müssen. Dieser Weg kann die Kirche aber nur auf ein gefährliches Medien-Glatteis führen. Das hat übrigens Bruno Dechamps in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ angedeutet, als er das Journalisten-Porträt“ des hl. Paulus auf dem Hintergrund jener Gruppe von Journalisten betrachtete, die sich als Apostel einer Wahrheit, als Angehörige einer höheren sinnvermittelnden Klasse und eines vermeintlich missionarischen Berufs mißverstehen“.

Mit Recht wird hier auf ein gefährliches Mißverständnis von Journalismus verwiesen. Denn: Journalisten dürfen, so Dechamps, nicht selbst von einer Mission Besessene sein, sondern „unvoreingenommen, mit intellektueller Redlichkeit ohne verdrängende Eitelkeit und ganz darauf bedacht, verständlich zu vermitteln, was es da an aufregender Neuigkeit gäbe“.

Nun hat Johannes Paul I., was übrigens festgestellt wurde, diesen Vergleich nur „augenzwinkernd“ gebracht, also nicht „bierernst“, wie ihn offenbar etliche Journalisten aufgenommen haben. Er erzählte auch eine Anekdote und fügte hinzu: Bisweilen habe er den Eindruck, daß sich die Journalisten in ihrer Berichterstattung über kirchliche Angelegenheiten oft mit völlig nebensächlichen Dingen aufhielten: „Man muß zum Kern der wirklichen Probleme der Kirche vordringen!“

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