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Die Wiener Holding

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Mehr als 6800 Mitarbeiter sind derzeit im Bereich der Wiener Holding beschäftigt, die 30 Tochtergesellschaften und drei verwaltete Gesellschaften zusammenfaßt. Und die Zielsetzung ist die bestmögliche Erfüllung der gestellten Aufgaben. Diese sind vielfältig.

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Mehr als 6800 Mitarbeiter sind derzeit im Bereich der Wiener Holding beschäftigt, die 30 Tochtergesellschaften und drei verwaltete Gesellschaften zusammenfaßt. Und die Zielsetzung ist die bestmögliche Erfüllung der gestellten Aufgaben. Diese sind vielfältig.

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Die Verwaltungen großer Städte sehen sich heute mehr Problemen denn je gegenüber, mit zunehmendem Wohlstand steigen - entgegen früheren Prognosen - auch die Anforderungen an die öffentliche Hand. Als Beispiele seien hier die Entsorgung oder die Versorgung mit Energie angeführt. Bereits im vorigen Jahrhundert gingen manche Großstädte dazu über. Unternehmungen zu gründen oder Beteiligungen zu erwerben, um zumindest einen Teil der ihnen zufallenden Aufgaben durch kommerzielle Organisationsformen bewältigen zu können.

Den Beginn dieser Entwicklung machte in Wien der liberale Bürgermeister Cajetan Felder, als er im Jahre 1876 auf Drängen der Wirtschaft ein Lagerhaus zur Verfügung stellte, aus dem sich später die Wiener Städtische Lager- und Kühlhausgesellschaft entwickelte, die mittlerweile in den Wiener Hafen und in die Wiener Kühlhaus-Frigoscandia Ges. mbH. aufgegangen ist. Abgeschlossen ist diese Entwicklung bis heute nicht.

Vor sieben Jahren hat man sich in der österreichischen Bundeshauptstadt entschlossen, die Anteilsrechte nicht mehr im Magistrat zu verwalten, sondern alle Unternehmungen, an denen die Stadt zu mindestens 50 Prozent beteiligt war. in die Wiener Holding - Wiener Allgemeine Beteili- gungs- und Verwaltungsgesellschaft mbH. - einzubringen. Derzeit sind in der Wiener Holding mehr als 30 Tochtergesellschaften und drei verwaltete Gesellschaften zusammengefaßt. Der Gesamtumsatz im Konzern beträgt

rund 6,5 Milliarden Schilling, im Holding-Bereich sind mehr als 6800 Mitarbeiter beschäftigt.

Mit dem Gründungsbeschluß am 31. Mai 1974 hat der Wiener Gemeinderat die sogenannte Holding-Doktrin festgelegt, die im wesentlichen besagt, daß sich kommunale Beteiligungen nur auf solche Bereiche zu beschränken haben, die von der Privatwirtschaft nicht, nicht in einem ausreichendem Ausmaß oder nicht in einer entsprechenden Weise bedient werden. Zudem ist die gemeinwirtschaft-

liehe Zielsetzung nicht primär auf die Gewinnerzielung, sondern auf die bestmögliche Erfüllung der den Unternehmen gestellten Aufgaben zu richten. Diese Zielsetzung darf aber nicht bedeuten, daß die kommerzielle Seite vernachlässigt wird. Wo es unmöglich ist, ein Unternehmen kostendeckend zu führen, ist eine optimale Kosten-Nutzung-Relation zu erreichen.

Die Wiener Holding, der alle im Wiener Gemeinderat vertretenen Parteien eine erfolgreiche Tätigkeit attestieren, hat natürlich auch als Instrument der Wirtschaftspolitik der Stadt Wien zu fungieren. Ohne Zweifel lassen sich mit jährlich rund 2 Milliarden Schilling Investitionen Wirkungen erzielen. Nicht ohne Grund hat zum Beispiel die Holding-Tochter GESIBA enorme Anstrengungen unternommen, gerade jetzt mit dem Bau des Blocks C im Wohnpark Alt-Erlaa beginnen zu können, denn die Wiener Bauwirtschaft kann den Auftrag, der über einer Milliarde liegt, sicher gut brauchen. Die Holding hat auch erheblichen Anteil am Ausbau der städtischen Infrastruktur.

Für den Wiener Hafen wurde ein Konzept entwickelt, das nun in die Wirklichkeit umgesetzt wird. So entstand in der Freudenau ein Containerterminal mit angeschlossenem- Reparaturwerk, der weit über den Erwartungen liegende Zuwachsraten aufzuweisen hat. In Albern baut man ein Frachtenzentrum als Knoten Was- ser-Schiene-Straße - unter Einbeziehung des nahen Flughafens Schwechat -, zudem wurden auch neue Betriebe angesiedelt. Dieser Ausbau

des Hafens bringt nicht nur der Wiener Wirtschaft Vorteile, sondern wirkt sich auch auf die Industriezentren im südlichen Niederösterreich und der Steiermark aus.

Die Nahversorgung in Wien wiese ohne die Einkaufszentren der EKA- ZENT arge Lücken auf. Dabei ist es gelungen, daß die Zentren bestehende Wirtschaftsstrukturen ergänzen und den „gewachsenen“ Handelsund Dienstleistungsbetrieben keine unnötige Konkurrenz bilden. Dem Donauzentrum hat man ein Ärztezentrum angegliedert, um einen Mangel im 22. Bezirk abzustellen, das erst vor kurzem eröffnete „Zentrum Simmering" stellt eine Kombination von Einkaufs- und Veranstaltungszentrum dar, weil der 11. Bezirk auch einen kulturellen und gesellschaftlichen Mittelpunkt brauchte.

Nach wie vor fungiert die Wiener Messe mit zwei Mehrbranchenmessen und bis zu 30 Fachmessen im Jahr als das wichtigste Schaufenster der österreichischen Wirtschaft, die

Wiener Betriebsansiedlungsgesell- schaft hat in 12 Jahren rund 230 Betriebe an- oder umgesiedelt. Auf rund 1,6 Millionen Quadratmeter Areal entstanden rund 16.000 moderne Arbeitsplätze.

Die Heizbetriebe Wien sind das einzige Unternehmen Österreichs, das in großem Maßstab die Abwärme eines kalorischen Kraftwerks nutzt Von der Kraft-Wärme-Kupplung in Simmering aus werden das innerstädtische Netz - mit Hofburg, Rathaus, Dianazentrum, Burgtheater, Staatsoper, Hllton-Hotel usw. - und das Kagraner Netz - mit UNO-City, General-Motors-Werk, Donauzentrum, 16.000 Wohnungen - versorgt. In der Rekordbauzeit von nur achteinhalb Monaten, wobei ein Tunnel quer durch die Leopoldstadt gebohrt werden mußte, entstand die Verbindungsleitung über die Donau zur UNO-City. Seit kurzem kann „Abwärme" aus Simmering in den Norden der Stadt transportiert werden, die bessere Auslastung der Kraft-Wärme-Kupplung bringt eine Einsparung von rund 15.000 t Heizöl im Jahr.

Wenn heute in der breiten Öffentlichkeit die Bedeutung der Fernwär

me und vor allem der aus Kraft-Wärme-Kupplung sehr wirtschaftlich gewonnenen Fernwärme voll anerkannt ist, so bestätigt dies die Richtigkeit des von den Heizbetrieben Wien und der Wiener Holding schon vor Jahren eingeschlagenen Weges.

Schon die wenigen Beispiele zeigen die Heterogenität der Wiener Holding. Nicht immer lassen sich heute die Interessen deutlich erkennen, die zum Erwerb einer Beteiligung durch die Stadt Wien führten. Die Aktienmajorität der Kahlenberg-Eisenbahn AG wurde nur deshalb gekauft, um den Grundbesitz der konkursreifen Gesellschaft in die Hand zu bekommen. Es drohte die Gefahr einer Zersiedelung des im Grüngürtel liegenden Kahlenberges. Das Theater an der Wien wäre heute nicht eine der führenden Musicalbühnen des deutschsprachigen Raumes, sondern eine Garage, hätte nicht die Stadt Wien sich im Jahre 1962 zu einer Rettungsaktion entschlossen. Nicht jedermann bekannt dürfte es sein, daß

die WIGAST sich aus der 1919 gegründeten Vienna-Public-Feeding Ges. mbH. entwickelte, welche gegründet wurde, um aus den von den Alliierten zur Verfügung gestellten Lebensmitteln den hungernden Wienern täglich eine warme Mahlzeit zu bereiten. Die Aktienmehrheit der Wiener Porzellanmanufaktur Augarten AG wurde wieder erworben, um eine Veräußerung an eine deutsche Keramikfabrik zu vereiteln.

Die Holding hat natürlich Sorge zu tragen, daß die bestehenden Unternehmungen ihre Substanz wahren und womöglich mehren. Denn nur so ist sie in der Lage, zusammen mit den Tochterunternehmungen und den verwalteten Gesellschaften ihre Funktion zu erfüllen.

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