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Drohende Einsamkeit
Steigende Lebenserwartung und sinkende Geburtenzah- len kennzeichnen die.Bevöl- kerungsentwicklung. Über- alterung wird für viele z,,n Schreckgespenst. Bestehen die Sorgen zurecht?
Steigende Lebenserwartung und sinkende Geburtenzah- len kennzeichnen die.Bevöl- kerungsentwicklung. Über- alterung wird für viele z,,n Schreckgespenst. Bestehen die Sorgen zurecht?
Einige gesellschaftliche Konse- quenzen der demographischen Al- terung sind heute schon absehbar. Die wichtigste ist so banal, daß wir sie fast übersehen könnten.
• Solange es nur wenige ältere Men- schen gab, war höheres Alter etwas Hervorstechendes. Wer es erreich- te, konnte eine Sonderstellung oder zumindest einen gewissen Respekt seitens der Jüngeren erwarten. In Zukunft werden alte Menschennoch mehr als heute - Teil der ge- sellschaftlichen Normalität sein. Von Respekt und Sonderstellung wird dann keine Rede mehr sein. Das bringt nicht nur Nachteile. Schon bald wird die Hälfte aller Wählerüber 50 Jahre altsein. Gegen die Interessen der Altenlobbies wird sich dann kaum noch Politik ma- chen lassen. Verteilungskämpfe zwischen Jüngeren und Älteren sind damit allerdings keineswegs aus- geschlossen.
• Was materiell auf uns zukommt, ist in jedem Fall ungewiß. Derzeit erhalten hundert Aktive rund sech- zig Pensionisten. Bleibt unser Pen- sionsalter so niedrig wie heute, dann werden zukünftig hundert Aktive für achtzig bis neunzig Pensioni- sten aufkommen müssen. Das wür- de mit einer gewissen Wahrschein- lichkeit pro Kopf weniger Pension bedeuten. Zugleich wird ein Teil der Pensionisten von morgen mehr Ersparnisse, mehr Rücklagen ha- ben. Denn auf die Nachkriegsgene- ration, die Österreich nach 1945 wieder aufbaute und heute in Pen- sion ist, folgen Generationen, die selber oft nicht mehr von Null an- fangen mußten oder als Erwachse- ne von ihren Eltern noch etwas erben werden: eine Lebensversiche- rung, Sparbücher oder ein Eigen- heim.
• Die Lebensverhältnisse der Al- ten von morgen werden anders sein als jene der Alten von heute. Wer heute ins Pensionsalter kommt, hat in der Regel geheiratet und Kinder großgezogen. Für die heute noch Jungen gilt dies nur bedingt. Sie bleiben häufiger ledig und kinder- los. Oder sie heiraten und lassen sich wieder scheiden. In der heute jungen Generation wird eine viel größere Zahl als Singles ohne nahe Verwandtschaft alt werden.
• Große Probleme zeichnen sich für die Hilf s- beziehungsweise Pfle- gebedürftigen und deren Versor- gung ab. Derzeit sind rund 440.000 ältere Österreicherinnen und Öster- reicher hilfs- und pflegebedürftig. Das ist rund ein Viertel aller 1,6 Millionen Pensionisten. Die mei- sten von ihnen werden im Fami- lienverband, in der Regel vom Ehepartner beziehungsweise der Ehepartnerin oder von erwachse- nen Kindern betreut. In Zukunft wird diese „Lösung" des Problems seltener werden. Denn bei steigen- der Lebenserwartung ist jedenfalls mit mehr hilf s- und pflegebedürfti- gen älteren Menschen zu rechnen. Zugleich dürfte die Bereitschaft jüngerer Familienmitglieder, ihre Eltern über Jahre zu pflegen, eher kleiner als größer werden. Zuneh- mende Frauenerwerbstätigkeit und wachsende räumliche Distanzen zwischen Eltern und Kindern kommen erschwerend hinzu. Und eine wachsende Zahl unverheirate- ter und kinderloser Menschen wird überhaupt keine nahen Angehöri- gen haben, die sich zu kostenlosen Hilfeleistungen verpflichtet fühlen könnten.
Der Autor ist Abteilungsleiter am Institut für Demographie der Akademie der Wissenschaf- ten in Wien, sein Beitrag ein Auszug aus einem Artikel in BILDUNGSARBEIT MIT ÄLTEREN MENSCHEN. Von Wilhelm Filla, Anneliese Heilinger, Judita Löderer (Hrsg), VÖV-Publika- tionen 8.
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