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Ex Oriente oleum

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Das nahöstliche öl wird teurer, und zwar um 35 Cent pro Barrel, was 9.10 Schilling für je 138,7 Liter Rohöl entspricht. Die Einigung soll fünf Jahre Bestand haben, vorher wollen die Mitglieder der OPEC (Organisation ^erdölexportierender Staaten) keąne neuen Preis£oi:de4^ngen stellen. Es kam also zu keinem ölkrieg,. dafür kündigten Vferschiedene internationale Mineralölgesellschaften unverzüglich sofortige Preiserhöhungen an, obwohl in £urot>a zum alten Preis eingekaufte Erdölvorräte für drei Monate laeern.

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Das nahöstliche öl wird teurer, und zwar um 35 Cent pro Barrel, was 9.10 Schilling für je 138,7 Liter Rohöl entspricht. Die Einigung soll fünf Jahre Bestand haben, vorher wollen die Mitglieder der OPEC (Organisation ^erdölexportierender Staaten) keąne neuen Preis£oi:de4^ngen stellen. Es kam also zu keinem ölkrieg,. dafür kündigten Vferschiedene internationale Mineralölgesellschaften unverzüglich sofortige Preiserhöhungen an, obwohl in £urot>a zum alten Preis eingekaufte Erdölvorräte für drei Monate laeern.

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Erfüllen sich die ägyptisdien Hoff-nimgen auf eine Wiedereröffnung,.ja sogar Vergrößerung des Suezkanals in den nächsten sechs Monaten, würde sich der Transportweg erheblich verkürzen, was audi eine Transportverbilligung (und damit eine BenziinverbilUgung) zur Folge haben sollte. Die OPEC wurde I960 in Bagdad gegründet. Es gehören ihr zehn erdölfördemde Länder des Nahen und Mittleren Ostens, Afrikas und Lateinamerikas an. Während die Staaten, in denen das „sdiwarze Gold" gefördert wurde, bis vor nidit allzu langer Zeit die Abnahmebedingungen der mächtigen internationalen ölgesellsdiaften wider-sprudislos hinnehmen mußten und gezwungen waren, für sie oft sehr ungünstige Lieferverträge abzuschließen, versuchen sie seit zehn Jahren im Rahmen des OPEC-Clubs ihre Interessen gemeinsam und damit W!>kungsvoller zu vertreten. Die OPEC-Länder produzieren vierzig Prozent des gesamten Rohölbedarfes der Welt. Der Gesamtbedarf von gegenwärtig rund zwed

Milliarden Tonnen pro Jahr wächst jährlidi um siebeneinhalb Prozent und wird in den nädisten zehn Jahren voraussiditlidi auf vier Milliarden Tonnen steigen. Daraus resultiert auf den ersten Blick ein geradezu beängstigender Einfluß der OPEC-Länder auf das gesamte westliche Wirtsdiaftsgefüge. Dodi diesem Einfluß sind doch enge Grenzen gesetzt. Zwar ist durdiaus riditig, was der libysdie Erdölminister Ezzedin el-Mabrouk, dessen Name sidi mit „Der Glücklidie" übersetzen läßt, am Beginn der Konferenz zwisdien OPEC-Unterhändlern und Abgesandten der Abnehmerseite, das heißt der großen Erdölgesellschaften, sagte („Die internationalen Mineral-ölkonzeme sind nicht mehr die Herren!"), dodi beelnträditigen die teils sehr unterschiedlichen Interessen der OPEC-Länder stark die eeschlossen-heit und damit die Macht des Klubs. Dessen größter und damit politisch gewichtigster Produzent ist der pro-westlidi eingestellte Iran, der sddi innerhalb der OPEC bisher gegen jede Radikalisierung zur Wehr setzte und notfalls auch eigene Wege ging. Die Regierung in Teheran weist immer wieder darauf hin, daß nidit nur der Westen das Erdöl, sondern daß audi die OPEC-Länder das wesrtlidie Geld braudien. Jeder Lde-ferboykott gefährdet nicht nur den europäischen Autofahrer, sondern auch die wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungsprojekte des Iran und damit, möglicherweise unmittelbar, die innenpolitisdie Stabilität und die außenpolitisdie Position Persi ens.

Persien ist das realistischeste OPEC-Land, und der mohammedanisdie Iran ist auch der widitigste EröUie-ferant des mit den Arabern deten Israel. So, wie sich Persien nidit um Boykottaufforderungen irgendwelcher Art kümmert, werti seine wirtschaftlichen Interessen auf dem Spiel stehen, halten es auch die anderen ölländer in wie außerhalb der OPEC.

Als mehrere nahöstliche Produzenten nach dem arabisch-israelischen Krieg 1967 nolens volens, nicht aus Fanatismus, sondern aus Angst, dem Westen die ölhähne sperrten, um ihn von weiterer Unterstützung Israels abzuhalten, sprangen nicht nur einige andere OPEC-Länder sofort in die Bresche, sondern zu rasdi organisierten amerikanisdien Ersatzlieferungen gesellten sich audi Lieferungen aus der Sowjetunion, die damit ihren arabisdien Verbündeten in den Rücken fiel.

Selbst den hartnäckigsten Pokergesichtern unter den großen Erdölbossen Kt klar, daß die Produzentenländer zu einem gerechteren Anteil am „sdiwarzen Reichtum" gelangen müssen als dem, was ihnen nadi der „klassischen" Fifty-fifty-Formel zustand. Sie wissen, daß die Abstände zwischen neuen Erhöhungen des Rohölpreises geringer werden — der Rohölpreis war bisher einer der stabilsten Preise der Welt, viel stabiler als der Benznnpreis in vielen Ländern, und es bedurfte immer langer, zäher, mandimal zehnjähriger Ver-

handlungen, ehe die Erdölstaaten ihren Anteil am Kucäien wieder einmal erhöhen konnten. In der Parole, wonach nicht zugelassen werden könne, daß die ölfördemden Entwicklungsländer „die Motorisierung der entwickelten Länder subventionleren", haben sie eine Formulierung gefunden, die es ihnen ermög-Mcäien wird, künftig härter aufzutreten. Jedem Eingeweihten ist klar, daß das „fünfjährige Stillhalteabkommen" eher die Punktion hat, Ansprüche, die zium Zeitpunkt des Abmachimgsablaufes fällig werden, schon jetzt unüberhörbar anzumelden.

Denn das öl ist nicht nur der größte, sondern in einigen Fällen der einzige Reichtum der Länder, die es fördern. Im Jahr 1969 kassierten aus dem Rohölverkauf Libyen 1132 Müllonen Dollar, Pereien 938 Millionen, Saudi-Arabien 1008 Millionen, Kuweit 812 Millionen Dollar.

Länder, in denen das öl in erster Linie den Luxus der Herrscher finanziert, geraten langsam, aber sicher in die Minderheit gegenüber Ländern, die im öl ihre letzte Chance erkannt haben, den Entwick lungsvorsprung der Abnehmerländer wenigstens etwas zu verkleinern. Die Zeit drängt, denn ihre Machtstellung wird eher kleiner als größer, trotz wachsendem Benzinbedarf. In Alaska wurden gewaltige Erdölvorkommen entdecket, die Ausbeutung hat zum Teil begonnen. Auch die neuentdeckten Vorkommen in der Nordsee und vor der spanischen Küste liegen in politisch krisenfesten Zonen. Dazu kommen die gewaltigen „neuen" Erdöllager im südostasdati-schen Raum, denen in der US-Politik eine große, wenn auch heftig unterspielte Bedeutung zukommt.

Ganz zu schweigen von der Konkurrenz der Kernenergie^ die um so interessanter wird, je billiger sie bereitgestellt werden kann und je größer auf der anderen Seite das Mißvergnügen der Menscäiheit an der Luftverschmutzung und Verölimg der Weltmeere wird, die zu einem guten Teil aius der Festlegung auf die Energieversorgung durch Erdölverbrennung resultieren. Ex Oriente kam das Licht und kommt das öl. Im Industriezeitalter wird die Palette der Exportartikel vieJfäl-tiiger werden müssen.

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