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„Schatten des Kremls“

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„Ein Nichtangriffspakt mit der Sowjetunion ist im Grunde bedeutungslos. Deutschland ist eine große Nation, aber es ist kein gleichwertiger Gegner für eine Supermacht wie die UdSSR. Die Idee, daß ein Vertrag aggressive Handlungen seitens der UdSSR verhüten wird, ist eine Illusion; anderseits erwartet niemand, auch nicht die UdSSR, daß Deutschland in die Sowjetunion einmarschiert. Das einzige, was der Vertrag bewirkt, ist, daß der Schatten des Kremls auf den westlichen Teil Deutschlands ausgeweitet wird. So anerkennt Deutschland, ohne irgendeinen besonderen Vorteil zu erreichen, die territorialen Grenzen, die durch die kommunistische Eroberung Osteuropas erzwungen wurden, dadurch wirft Deutschland eine Trumpfkarte weg. Hinsichtlich der sprachlichen Verwirrung über den Status Ostdeutschlands bietet der Text wenig Beruhigung. Betrachten die Sowjets Ostdeutschland als .Staat' oder nicht? Ich glaube, daß der Brief von Außenminister Scheel lediglich ein Privatschreiben und für den Vertrag ohne Bedeutung ist; bestenfalls ist er unklar.

Als einer, der zutiefst mit unserer Verteidigung befaßt ist, bin ich schließlich besorgt über die Aussicht auf wirtschaftliche Zusammenarbeit Zwischen Westdeutschland und der UdSSR. Es ist Wohlbekannt, daß die Sowjetunion im letzten Jahr oder den beiden letzten Jahren unter schwerstem Druck steht wegen der gewaltigen Mittelzuweisung für den Bau von (Raketen des Typs) SS-9, SS-11, SS-13; U-Booten der Y-Klasse und anderen strategischen Waffensystemen.

Bedeutende Handelskredite, gewährt von Deutschland und anderen westlichen Partnern, würden diese aggressiven Mittelverteilungen unterstützen, wodurch nicht nur Deutschland gefährdet wird, sondern auch die USA. Trotz der Tatsache, daß der Vertrag zeitweise die diplomatischen Beziehungen mit dem Westen verbessern mag, ist es meine Überzeugung, daß er die grundlegende Beziehung zwischen Ost und West zum Nachteil des Westens verändern wird. Die wirkliche Macht in der Sowjetunion wird von der Partei ausgeübt, nicht vom Regierungsapparat. Deshalb haben die Sowjets immer Verträge von Regierung zu Regierung als Papierfetzen betrachtet, die für ihre Entscheidungen nicht bindend sind. Die zustimmenden Äußerungen amerikanischer Beamter geben nicht ' den Konsens derjenigen wieder, die im Kongreß mit der Aufsicht über die NATO-Pro-gramme befaßt sind.“

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