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Gar manche Verirrung stiftet grüne Verwirrung"

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Den „Grünen" in Österreich ergeht es wie dem Wald in einem alten Sprichwort. Auf die „Grünen" umgelegt, müßte dieses heißen: Vor lauter „Grün" sieht man das Grün nicht mehr — und das, was, da und dort, hinter dem Grün steckt. Letzteres verdient einige Aufmerksamkeit, weil Grün mehr ist als eine Tarnfarbe.

Eine der 15 bis zum Sommer im Innenministerium angemeldeten „grünen" Parteien ist die „Volksunion/Wahlpartei der Unabhängigen/Grüne Plattform". Sie wurde am 13. Februar 1981 in Wien gegründet. Unter den Anwesenden waren nicht nur zwei Barone aus der Steiermark und ein Wiener Anwalt, der Großindustrielle vertritt, sondern auch ein Beobachter des Bundesdeutschen Nachrichtendienstes. Sein Bericht ist zuständigen Stellen in Osterreich bekannt.

„Bundesgeschäftsführer" dieser „grünen" Partei ist Robert H. Drechsler. Schon 1947 verboten die Alliierten eine seiner Zeitungen. 1979 begrüßte der „grüne" Parteiführer den Wahlerfolg des NDP-Burger bei den Bundespräsidentenwahlen als „Aufbruch". 1980 wurde sein erster „grüner" Parteigründungsversuch von den Behörden zu Fall gebracht: weil im Statut ein Bekenntnis zum „Deutschen Staat Osterreich" enthalten war.

Drechsler, der ein Anti-Wiesenthal-Buch und Bücher über Rudolf Heß, Major Reder und die deutsche Fliegerin Hanna Reitsch verfaßte, gibt u. a. zwei Periodica heraus: „Die Leuchtkugel" und -im Zeichen seiner „Grün"-Ent-wicklung - die „Grüne Information". In vor-„grüner" Zeit zierte die „Leuchtkugel" ein Eisernes Kreuz; an seine Stelle ist jetzt ein unverfängliches Edelweiß getreten.

Im Drechsler-Blatt konnte man unter anderem lesen, daß nicht sechs Millionen, sondern „nur" 300.000 Juden unter Hitlers Herrschaft umgebracht wurden. Uber den Zweiten Weltkrieg hieß es in der „Leuchtkugel":

„Millionen Deutsche sind in diesem Abwehrkampf für Europa und die sogenannte westliche Welt in den Tod gegangen, wobei der demokratische Westen unserem Volk meuchlerisch in den Rücken gefallen ist Roosevelt, Churchill und Stalin, dieses famose Trifolium, haben in freundschaftlichster Kumpanei unser Land und unser Volk zerrissen und aufs Tiefste gedemütigt."

Uber die Nachkriegsentwicklung meint Drechsler: „Sie haben leider immer noch nicht zur Kenntnis genommen, daß die seit 1945 begonnene .Umerziehung* nichts anderes ist als die Fortsetzung des Krieges mit den Mitteln der Pädagogik."

Diese Äußerung scheint im Hinblick auf den Punkt 13 des „grünen" Grundsatzprogramms der „Volksunion" bemerkenswert. Hier heißt es: „Die Schule darf keineswegs zum Spielplatz politischer Alltagsströmungen werden."

„Grün" einzufärben versuchen sich auch die „Volkssozialisten". Ihr An-,.Führer" Alfred Warton kandidierte schon 1978 als „Grüner" in der „Wahlgemeinschaft für Bürgerinitiativen und Umweltschutz" des heute um eine „Grünvereinigung" bemühten Hofrats Fritz Weiss. Warton war 1971 Schriftführer der NDP und organisierte im selben Jahr eine Demonstration gegen Kardinal Franz König nach dessen Polenreise.

Für Warton und seine „Volkssozialisten" spricht das „Neue Wort", hektographiertes Organ der Partei. Uber das Jahr 1939 heißt es da: „Eine neuerliche politische und militärische Einkreisung des großdeutschen Reiches einschließlich des verbündeten Italien ist vollendet, und durch einen Garantievertrag Englands für Polen beginnt laut Plan des internationalen Kapitals eine provokante Unterdrückung, Ermordung und Vertreibung der deutschen Minderheit Polens... Dadurch wurde Deutschland zum Zweiten Weltkrieg gezwungen. .."

Einige „Grün"-Schwierigkeiten dürften die „Volkssozialisten" allerdings in nächster Zeit haben: Die „Grüne Mitte Österreichs", eine von dem Grazer Bürgerin-itiativler Ludwig Steindl gegründete „Grün"-Partei, untersagt den „Volkssozialisten", in ihrem Namen im Wiener Raum aufzutreten.

Als „grüner" Parteigründer trat auch ein Alfred Bayer auf. Seine Parteien (gleich zwei!) heißen „Grüne Front/Wählerpartei der Umweltschützer und Unabhängigen" und „Aktion grünes Leben". Bayer schien eine Zeitlang als Wiener Lokalredakteur des Jugendpressedienstes „Aktuell" auf. Eine Leseprobe müßte genügen, um auch hier Klarheit in die „Grün"-Verwirrung zu bringen:

„Laßt euch nicht verdummen mit den Erzählungen deutscher Verbrechen. Selbst wenn es solche wirklich gegeben haben sollte, so hatte unser Volk davon keinerlei Kenntnis und hat sie weder gewollt noch gebilligt..."

Ein Wort des alten Adenauer — „Keiner kann mich hindern, über Nacht klüger zu<werden" - gilt gewiß nicht für jene „Neo"-Grünen, die im „grünen" Wald sichtbar machen, daß nicht alles grün ist.

Der Autor ist freier Publizist

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