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Herr beider Reiche

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Vor 20 Jahren drehte Luis Bunuel einen seiner besten und mit Recht berühmtesten Filme. Nazarin-der Nazarener heißt programmatisch die Schilderung eines jungen Priesters, der die Nachfolge Christi so ernst nimmt, daß er willig Spott und Verfolgung von Kirche und Welt auf sich nimmt. Der antikatholische Katholik Bunuel verhalf daher, gewiß ohne Absicht, einem beliebten, aber absolut unbiblischen Vorurteil zum Sieg nämlich für die Leidenden und Trostbedürftigen sei es ein Gewinn, nun bald „in. den Himmel zu kommen“.

In der Tat ist die leicht moralisierende Unterscheidung von Himmel und Erde religionsgeschichtlich nicht dem Christentum zuzuordnen. Was Römer, Griechen, Germanen und Inder über den Götter- und Heroenhimmel zu sagen wußten, hat in der biblischen Botschaft keine Entsprechung. Gott ist der Herr über beide Reiche, Himmel und Erde.

Wir leben in einer Welt und haben für beide, Erde und Himmel, zu sorgen, weil beide dem einen Herrn gehören. Das gilt schon für den vorkopernikani- schen, durch die Naturwissenschaft total verwandelten Bereich: es ist uns nicht mehr gleichgültig, wie die Bio- und Ionosphäre beschaffen sind und ob Lebewesen niederster Gattung auf den Planeten möglich sind.

Daß uns die Erde noch viel weniger gleichgültig sein kann, hat sich inzwischen als wichtigstes Element wirklicher Frömmigkeit so herumgesprochen, daß es keiner besonderen Erwähnung mehr bedarf. Dieser Zusammenhang der beiden Reiche Gottes wird noch in den Berichten überdeutlich, die wir am Himmelfahrtstag lesen. Bei Matthäus heißt es: „Mir ist alle Gewalt im Himmel und auf Erden verliehen. Darum gehet hin!“ Und es folgt keinesfalls die Aufforderung, sich durch fromme Taten für den Himmel vorzubereiten, sondern zu lehren, zu taufen und zur Nachfolge aufzurufen.

Nicht viel anders hören wir es am Beginn der Apostelgeschichte. Eindringlich werden die Jünger vor der neugierigen Frage nach dem Fortgang der Gottes- und Weltgeschichte gewarnt. Der Heilige Geist kommt und macht sie fähig, Zeugen Jesu „bis an das Ende der Erde“ zu sein.

Rechnen wir hinzu, daß eine eigentliche „Himmelfahrt“ in beiden Fällen nur knapp gestreift wird, reduziert diese sich deutlich auf eine Rückkehr vom einen zum anderen Herrschaftsort Gottes.

Himmelfahrt denkt Ostern zu Ende: nicht Grab und Vergänglichkeit, nicht Schrecken ohne Ende auf Erden wie im Himmel sind unsere Zukunft, sondern Hoffnung und Leben.

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