Auferstehungsglaube gibt Lebenskraft

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Nicht zuletzt der Glaube an Jesu Auferstehung gab dem armenischen Volk Kraft, nach dem Genozid von 1915 wiederzuerstehen.

Die Auferstehung Jesu Christi ist das zentrale Ereignis im Christusmysterium und im Leben aller Christen. So wie die Wahrheit bzw. das Bekenntnis, dass Jesus der Sohn Gottes ist, einen Grundsatz des Christentums darstellt, so ist auch die Auferstehung des Mensch gewordenen Logos/Wortes eine wesentliche Komponente der christlichen Religion. "Wenn es keine Auferstehung der Toten gibt", sagt der Apostel Paulus, "so ist auch Christus nicht auferweckt worden. Ist aber Christus nicht auferweckt worden, so ist damit auch unsere Predigt nichtig und nichtig ist euer Glaube" (1 Kor 15,13-14).

Tatsächlich, wenn unser Herr Jesus Christus, Sohn Gottes und Stifter der christlichen Religion, nicht durch seine Auferstehung den Tod besiegt und überwunden hätte, wäre seine Geburt bzw. Offenbarung umsonst. Ein vom Tod besiegter Gott kann nicht über die Welt regieren und die Welt retten. In diesem Sinne stellt das Osterfest für alle Ostkirchen das Fundament ihres Glaubens dar. Es ist nur eine Frage der Akzentuierung, dass die orthodoxen oder orientalisch-orthodoxen Völker die Auferstehung Christi mit größeren Zeremonien feiern, während im Westen seine Geburt einen bedeutsameren Platz im Leben und in den Feierlichkeiten der Kirchen einnimmt.

Paulus und Evangelien

Im erwähnten 15. Kapitel des Korintherbriefes räumt der Apostel Paulus der Auferstehung Jesu Christi Priorität ein, er sagt: "An erster Stelle habe ich euch ja überliefert, was ich auch überkommen habe, nämlich: Christus ist für unsere Sünden gestorben nach der Schrift, er ist begraben worden und am dritten Tage auferweckt worden nach der Schrift, und er ist dem Kephas erschienen, dann den Zwölfen" (1 Kor 15,3-5).

In diesem Abschnitt sind zwei Aussagen sehr wichtig - erstens: Christus ist für das Heil der Menschen gestorben, begraben und am dritten Tage von den Toten auferstanden, und zweitens: Die Heilige Schrift und das Augenzeugnis der Evangelisten bzw. der Jünger. Aus dem Evangelium nach Matthäus erfahren wir, dass der auferstandene Herr zuerst den Frauen - Maria von Magdala und der "anderen Maria" und dann den elf Jüngern erschienen ist (Mt 28).

Im Evangelium nach Markus wird erzählt, dass die Frauen - Maria von Magdala, Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome Balsam kauften und zum Grab Christi gingen; dort erfuhren sie, dass Jesus, der Nazarener, von den Toten auferstanden war. Der Herr erschien dann der Maria von Magdala und "später offenbarte er sich den Elfen selbst" (Mk 16,1-18). Es wird auch erwähnt, dass der Engel am Grab den Frauen sagte: "Aber geht hin und sagt seinen Jüngern und dem Petrus: Er geht euch voran nach Galiläa. Dort werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat" (Mk 16,7).

Das Evangelium des Lukas übermittelt uns interessante Details: Demnach waren die Frauen, die das Grab Jesu besuchten, Maria von Magdala, Johanna und Maria, die Mutter des Jakobus. Für Kephas wird gesagt: "Petrus aber stand auf und lief zum Grabe, beugte sich hinein und sah nur die Leinentücher, und voll Staunen über das Geschehene ging er hinweg" (Lk 24,10-12).

Danach gingen zwei aus dem Gefolge nach Emmaus und redeten von den Ereignissen in Jerusalem. Jesus erschien auch ihnen, aber sie erkannten ihn nicht. Als sie im Dorfe zu Tisch saßen, kam Jesus und nahm das Brot, sprach das Segenswort, brach es und gab es ihnen. "Da wurden ihnen die Augen aufgetan, und sie erkannten ihn; er aber entschwand vor ihnen" (Lk 24,31). Nachher erschien der Auferstandene den elf Aposteln, zeigte seine Hände und Füße und sagte: "Rühret mich an und seht, daß ein Geist nicht Fleisch und Bein hat, wie ihr es an mir seht" (Lk 24,39).

Auch nach dem Evangelium des heiligen Johannes erschien Jesus der Maria von Magdala (Magdalena) und den elf Jüngern (Joh 20,1-23). Acht Tage danach ist er noch einmal zu den Aposteln gekommen; diesmal war auch Thomas dabei. Jesus zeigte seine Hände und die von den Soldaten angestochene Seite und sagte: "Sei nicht ungläubig, sondern gläubig" (Joh 20,27b). Thomas antwortete: "Mein Herr und mein Gott."

Das ist die ganze Geschichte der Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus. Er ist von den Toten auferstanden und den frommen Frauen und den elf Aposteln erschienen. Diese Erzählungen der vier Evangelisten stellen das schriftliche Zeugnis der Jünger Jesu dar. Selbstverständlich ist die Auferstehung Christi ein Zeugnis dafür, dass es der Sohn Gottes war, der "für uns Menschen und zu unserem Heil vom Himmel gekommen ist, Fleisch angenommen hat durch den Heiligen Geist von der Jungfrau Maria und Mensch geworden ist". Ohne seine Auferstehung gäbe es kein Christentum - wie der Apostel Paulus eben sagt: Ohne Auferstehung des Herrn wäre unser Glaube nichtig und umsonst.

Wie die Offenbarung Christi, so ist auch seine Auferstehung ein Mysterium, ein Geheimnis, das der Mensch mit seinem beschränkten Verstand nicht vollständig begreifen kann. Auch die Auferstehung ist eine Sache des Glaubens: Nur mit dem Glauben kann man den Auferstandenen als Gottes Sohn, Herrn und Erlöser der Welt verstehen und annehmen.

Dann wird er tatsächlich unser "Weg, die Wahrheit und das Leben" sein, und wird uns die Hoffnung schenken, dass der Mensch in Seele und Geist nicht sterblich ist, dass ein tugendhaftes Leben nicht umsonst ist. Er ist das Lamm das sich für uns Menschen am Kreuz geopfert hat, er ewige Brot, das sich ewig uns unendlich verteilt, uns verklärt, erleuchtet und zu Kinder Gottes macht.

Im 10. Jahrhundert betete der Mystiker Gregor von Narek (75. Gebet): "Wie aus einem tiefen Schlaf erwachend, hat er den Angriff des Todes in seiner Person zurückgestoßen, ist auferstanden, auf göttliche Weise lebendig geworden; als Brot des Lebens aus der Erde hervorgegangen, als Hirte der Herde denkender Wesen."

Glaube in Armenien

Anfang des 4. Jahrhunderts (301/314) hat Armenien als erstes Land das Christentum zur Staatsreligion proklamiert. Die christliche Religion verlieh der armenischen Kultur ein neues und schönes Antlitz und wurde auf Dauer Hüterin des kulturellen und geistigen Erbes des Volkes und wirkte auch als Bewahrerin des Volkscharakters gegen vielfältige Einflüsse. Nach der Ubersetzung der Heiligen Schrift ins Armenische in (406-435), und dank der Bemühungen der Prediger, Priester und Patriarchen wurde das Land evangelisiert und richtig christianisiert, sodass Mitte des 5. Jahrhunderts die Armenier gegen die religiös-politische Unterdrückung der Perser erklären konnten: "Von diesem Glauben kann uns niemand trennen, weder die Engel noch die Menschen, weder Feuer noch Schwert, weder Wasserflut noch irgendein Schicksalsschlag." Diese Äußerungen zeigen deutlich, dass die Armenier schon damals ihr national-politisches Schicksal fest mit dem Christentum verbunden hatten. Diese Verbundenheit blieb durch die Jahrhunderte. Immer wieder bewies das Volk seine Treue zur Kirche und immer schützte die Kirche das Volk gegen mannigfache Bedrohungen.

Die Armenier glauben nicht nur fest an die Auferstehung Christi, sondern aus ihrer Glaubenserfahrung können sie auch ein Zeugnis für die Auferstehung ablegen: Während des Ersten Weltkrieges erlitten und erlebten sie die größte Tragödie ihrer 3.000-jährigen Geschichte. Sie wurden aus ihrer Heimat in Ostanatolien vertrieben und in die Wüste Syriens verbannt. Uber eineinhalb Millionen starben unterwegs oder in Syrien an Hunger, Krankheit und durch Gewaltanwendungen der osmanischen Türken. 1918, drei Jahre nach dem Völkermord, erstand das armenische Volk aus den Gräbern und schuf in Ostarmenien (bis dahin unter russischer Herrschaft) einen unabhängigen Staat (dieser Staat war 70 Jahre Teil der Sowjetunion; Anm.). Auch die Exil-Armenier, dank ihres starken Glaubens an den auferstandenen Gottessohn sowie durch ihren unbeugsamen Willen, konnten aus Asche und Sand auferstehen und ein neues Leben im Ausland beginnen.

Die Tragödie des Genozids konnte die Lebenskraft der Armenier nicht erschüttern oder schwächen. Im Gegenteil sie hat den Glauben und den Überlebenswillen noch mehr gestärkt. Während manche liberal denkende christliche Theologen leider die Auferstehung Christi bezweifeln, bleibt das armenische Volk fest in der Treue zum Herrn: Es schöpft unbeschreibliche Kraft aus seinem Glauben und baut mit Hoffnung, Liebe und Optimismus seine Zukunft.

Und so können die Armenier mit Freude und Stolz in der Liturgie singen: "Heute sind wir als neues Volk zu Christus gerufen, befreit durch das Blut des Gotteslammes. Lasst uns jauchzen und mit den Himmlischen sprechen: Lobe mit jauchzender Stimme Deinen Gott, Zion!"

Der Autor ist armenisch-apostolischer Erzbischof in Wien.

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