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Himmelfahrt mit heißer Luft

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Der Belgier Jean Donnet ließ jüngst den Heißluftballon der Brüder Montgolfier naturgetreu nachbauen: damit schrieb man vor 200 Jahren das erste Kapitel Luftfahrtgeschichte.

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Der Belgier Jean Donnet ließ jüngst den Heißluftballon der Brüder Montgolfier naturgetreu nachbauen: damit schrieb man vor 200 Jahren das erste Kapitel Luftfahrtgeschichte.

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Am 21. November 1783 wagten erstmals zwei Menschen eine Fahrt mit einem Heißluftballon. Die beiden jungen französischen Adeligen Pilatre de Rozier und der Graf d’Arlandes unternahmen die acht Kilometer weite Fahrt mit einem von den Brüdern Montgolfier gebauten Ballon. Er hatte einen Durchmesser von 18 Metern und einen Inhalt von 2200 Kubikmetern, bestand aus Baumwollstoff, gefüttert mit Papier.

Das Ereignis im Park des Schlosses La Muette im Bois de Boulogne bei Paris vor riesigen

Zuschauermassen führte zu einer ungeheuren Flugbegeisterung. Doch schon zuvor waren einige unbemannte Ballonaufstiege geglückt.

Am 5. Juni 1783 ließen die Brüder Etienne und Joseph Montgol- fier ihren Heißluftballon auf dem Marktplatz von Annonay, einer kleinen Stadt südlich von Lyon, erstmals aufsteigen. Der Ballon erreichte fast 2000 m Höhe und wurde in einer Entfernung von zwei Kilometern gefunden. Kurz darauf, am 26. August 1783, gelang dem Pariser Professor Cėsar Alex- andre Charles mit einem mit Wasserstoff gefüllten „Konkurrenzballon“ eine 24 Kilometer weite Luftfahrt. Die Luftfahrtbegeisterten teilten sich daraufhin in zwei Lager: In die Anhänger der „Montgolfiėren“ (Heißluftballons), die die „Charliėren“ (Wasserstoffballons) wegen ihrer Explosionsgefahr ablehnten.

Am 19. September 1783 schickten die Brüder Montgolfier erstmals Lebewesen, einen Hammel, einen Hahn und eine Ente, als „Versuchskaninchen“ in die Luft. Sie überstanden die acht Minuten dauernde Fahrt nahezu unbeschadet.

Als nach der ersten bemannten Montgolfiėrenfahrt schließlich am 1. Dezember 1783 C. A. Charles einen Aufstieg auf 3500 m — den ersten Höhenflug - unternahm, brach der große Luftfahrtrausch aus. Am 7. Jänner 1785 gelang Jean Pierre Blanchard und J. Jeffries mit einer Charliere sogar die Überquerung des Ärmelkanals. Doch trotz solcher Erfolge blieben Ballons unzuverlässige Verkehrsmittel, da Wind und Wetter den Pionieren der Luftfahrt oft unangenehme Streiche spielten.

Ballons Wurden damals häufig als Attraktion auf Jahrmärkten verwendet, dienten aber bis ins 20. Jahrhundert auch sehr ernsten Zwecken. So etwa ließ man im Ersten Weltkrieg Ballons zu Heeresbeobachtung aufsteigen. Wetterballons sind heute noch im Einsatz, und vor dem Raketenzeitalter fanden zahlreiche Ballon fahrten zu Forschungszwecken statt.

Der österreichische Physiker Victor Hess entdeckte bei seinen Ballonaufstiegen im Jahre 1912 in einer Höhe von etwa 5000 m das Rätsel der kosmischen Strahlen.

Heute sind es besonders sportliche Ziele, die die Ballonfahrer zu immer neuen Aufstiegen reizen. Den jüngsten Heißluftballon- Weltrekord (13.700 m) erreichte erst im Juni dieses Jahres der österreichische AUA-Kapitän Josef Starkbaum.

Die Luftfahrer vor rund 200 Jahren hatten aber andere Ziele. Die Konstruktion eines lenkbaren Luftschiffes stellte jahrzehntelang ein unlösbares Problem dar.

Erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts hatte der Franzose Henri Giffard die entscheidende Idee. Er baute in die Gondel seines 44 m langen und 12 m hohen Luftschiffes eine drei PS starke Dampfmaschine ein. Dieses erste Antriebsluftschiff startete am 24. September 1852 erfolgreich.

Weit besser wurden diese Konstruktionen nach der Erfindung des Gasmotors. Der Österreicher Paul Haenlein verwendete 1872 bei seinem Lenkluftschiff einen solchen Vier-Takt-Motor, der mit dem Leuchtgas, das aus dem Ballon kam, angetrieben wurde.

Der Kroate David Schwarz erkannte, daß die Zukunft des Luftschiffbaues nur im Leichtmetall, Aluminium, liegen konnte. Es gelang ihm zwar, das erste Metallluftschiff zu bauen, den Start am 3. November 1897 erlebte der Erfinder aber nicht mehr.

Einer der wichtigsten Fortschritte in Richtung des kommerziell genutzten Luftverkehrs war die erste Fahrt mit Rückkehr zum Ausgangspunkt. Am 9. August 1884 gelang das erstmals Charles Renard und Arthur Krebs mit dem Luftschiff „La France“.

Den entscheidenden Durchbruch in der Geschichte der Luftfahrt schaffte nach den vielen, oft phantastischen Luftschiffprojekten des 19. Jahrhunderts aber erst Ferdinand Graf Zeppelin. Am 2, Juli 1900 stieg der „närrische Graf“, wie er häufig genannt wurde, mit seinem ersten Luftschiff am Bodensee auf.

Diese erste Fahrt eines „Zeppelins“ - eine starre zylindrische Aluminiumkonstruktion mit Traggaszellen — war ein Ereignis mit großer Wirkung. Fachwelt und Publikum spalteten sich in zwei Lager. Auf der einen Seite grenzenlose Bewunderung, auf der andern kompromißlose Ablehnung. Erhielten zwar seine Gegner durch den katastrophalen Absturz des „LZ 4“ 1908 neuen Auftrieb, so war doch der Höhenflug der Zeppeline nicht mehr zu bremsen.

1910 wurde der erste regelmäßige Linienluftverkehr mit Zeppelin-Schiffen zwischen den großen deutschen Städten eingerichtet.

Neben den starren Luftschiff- Konstruktionen Zeppelins errangen auch andere Modelle Erfolge. Major Parseval etwa baute die Luftschiffkörper nur halbstarr. Diese Konstruktionen dienten in Deutschland als Militärluftschiffe.

Sensationserfolge waren aber den „Zeppelinen“ Vorbehalten. So etwa stieg das „LZ 127“ am 15. August 1929 zur großen Weltrundfahrt auf. In 20 Tagen und vier Stunden legte es, über Sibirien, Japan, den Pazifik, Amerika und den Atlantik fahrend, 35.000 km zurück.

1932 gab es erste regelmäßige Verbindungen über den Süd-Atlantik, 1936 über den Nord-Atlantik. Doch nur ein Jahr später kam es zur großen Katastrophe. Das bisher größte Luftschiff, das „LZ 129“, stürzte bei der Landung auf dem amerikanischen Flugplatz Lakehurst ab, die Wasserstoffüllung explodierte. Dieses Unglück setzte dem Luftschiffverkehr einen vorläufigen Schlußpunkt.

Ob dies aber das letzte Kapitel in der Geschichte der Luftschifffahrt bleibt, wird erst die Zukunft zeigen. Mit der Entwicklung neuer Zeppeline wurde bereits begonnen. Der Vorteil der im Vergleich zu modernsten Überschallflugzeugen eher gemütlich durch die Luft fahrenden „Skyships“ ist die Möglichkeit, große Lasten mit geringem Treibstoffverbrauch zu transportieren.

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