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Initialzündung für die
Literatur Am 18. Dezember 1961 wurde die Gründung der Österreichischen Gesellschaft für Literatur proklamiert. Es war, wie sich bald herausstellte, eine kulturelle Großtat. Das Jubiläum gibt Anlaß zum Rückblick auf eine erfolgreiche Vergangenheit, aber auch zu einer Standortbestimmung.
Literatur Am 18. Dezember 1961 wurde die Gründung der Österreichischen Gesellschaft für Literatur proklamiert. Es war, wie sich bald herausstellte, eine kulturelle Großtat. Das Jubiläum gibt Anlaß zum Rückblick auf eine erfolgreiche Vergangenheit, aber auch zu einer Standortbestimmung.
Liest, man sich die schier unendliche Liste der Autoren und Vortragenden in der Gesellschaft für Literatur von der ersten Veranstaltung im Februar 1962 bis heute durch, so vermeint man sich in einem „Who is who" europäischer Geistesgeschichte unseres Jahrhunderts zu befinden. Von Wystan Hugh Auden über Elias Canetti, Bohumil Hrabal, Manes Sperber bis zu Christa Wolf spannt sich der Bogen.
Begonnen hat es mit Forumsdiskussionen und Round-table-Gesprä-chen. Bei der ersten Veranstaltung gab es eine Forumsdiskussion über „Sinn und Wirkung der Kritik" mit Otto F. Beer, Paul Blaha, Leon Epp, Emst Haeussermann, Piero Rismon-do, Edwin Rollet, Helmut Schwarz und Franz Stoss. Große Verdienste hat sich Wolfgang Kraus, dessen Name untrennbar mit der Gesellschaft für Literatur verbunden ist, mit der Einladung von Schriftstellern und Germanisten und aus den ehemaligen Ostblock-Staaten erworben. Wie Helmut Britz, Chefredakteur der Zeitschrift „Neue Literatur" in Bukarest, der FURCHE versicherte, gelang es trotz widrigster Umstände immer wieder, Autoren aus den kommunistischen Diktaturen nach Österreich zu holen. Ein weiterer Schwerpunkt war freilich, österreichische Literatur in der Welt bekannt zu machen. Hier ist mit Hilfe der österreichischen Kulturinstitute im Ausland Hervorragendes geleistet worden.
Nicht unumstritten Doch es gab und gibt auch Kritik. So beklagt etwa Peter Paul Wiplinger die undemokratischen Strukturen der Gesellschaft: der Verein hat zwar in seinen Statuten ordentliche Mitglieder und deren jährliche Generalversammlung vorgesehen, tatsächlich aber gibt es keine Mitglieder. Auch ein Vorstand, der laut Statuten „aus mindestens drei, höchstens aus zehn Mitgliedern" bestehen sollte, ist ihm „nicht bekannt". Wiplinger wünscht sich die Offenlegung der Statuten, der Sitzungsprotokolledes Vorstands und des Rechenschaftsberichts.
Was immer wieder Anstoß erregt hat, ist die Tatsache, daß Wolfgang Kraus ein Multifunktionär der Literatur ist. Einige Autoren halten die Arbeit in der „Gesellschaft" mit der Konsulententätigkeit im Außenministerium für unvereinbar. Darüber hinaus ist Kraus aber noch Vorstandsmitglied im P.E.N.-Club und in Organisationen wie dem Franz-Werfel-Komitee, dem Arthur-Schnitzler-In-stitut, der Manes-Sperber-, der Franz-Kafka-Gesellschaft und in etlichen Jurien vertreten.
Bereits im Jänner 1977 zitierte das Wochenmagazin „profil" den damals zuständigen Ministerialrat Hermann Lein mit folgendem Satz: „Kraus hat sich mitunter für junge Autoren nicht die Zeit genommen, die er sich hätte nehmen sollen." Dieser Vorwurf scheint nicht unberechtigt, wenn man bedenkt, daß Gerhart Baumann seit 1963 bereits 17 Mal in der Gesellschaft gelesen hat, ein vielversprechender Autor wie etwa Erich Hackl aber noch nie. In den 60er Jahren, so Kurt Neumann vom „Literarischen Quartier Alte Schmiede", war die Gesellschaft „beispielgebend bei der Förderung von Gegenwartsliteratur". Das sei heute zu sehr in den Hintergrund getreten. Im übrigen ist Neumann aber sehr froh, „daß es sie gibt".
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