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Kein Thema für den Wahlkampf
Kurt Steyrer ist konfessionslos. Er ist 1974 aus der katholischen Kirche ausgetreten.
Warum'?
„Das war eine Entscheidung, die in meinem Inneren da war und die einige äußere, sehr unangenehme Anlässe gehabt hat“, erklärt er dem einen.
„Ich bin ausgetreten, weil ich mit der Kirchenpolitik in der Frage der Gleichstellung der Frau nicht einverstanden war“, erzählt er einem anderen.
Gleichstellung der Frau - das klingt gut. Nur ist es darum nicht gegangen, sondern um den Schutz ungeborenen Lebens.
Das offen auszusprechen wäre ehrlich, kein Versteckspiel vor sich selbst.
Es ist das gute Recht eines Präsidentschaftskandidaten, gegen den Schutz des ungeborenen Lebens einen demonstrativen Schritt gesetzt zu haben, so wie der amtierende Bundespräsident demonstrativ für das ungeborene Leben eingetreten ist. Dazu muß man stehen, auch wenn es vielleicht den einen oder anderen Wähler als Christen und Bürger irritiert. Jede Anbiederung durch Verschleierung wirkt peinlich.
Was soll dann das Bekenntnis, sich mit der katholischen Soziallehre identifizieren zu können, einige kirchliche Würdenträger hochzuschätzen? Das können und tun manche Agnostiker und Atheisten auch.
Von solchen will sich Kurt Steyrer aber offensichtlich abheben: „Man kann auch praktizierender Christ sein, ohne Mitglied einer christlichen Kirche zu sein.“
Um auf dem Boden der Wahrheit zu bleiben, der in den letzten Wochen so oft verlassen wurde: So wie Steyrer denken viele in diesem statistisch mehrheitlich katholischen Land, halten sich für religiös, aber nicht für kirchlich. Doch das ist ein Verständnis von Kirche, das der kirchenbewußte Bürger so nicht teilt, nicht teilen kann: Weil Christsein nicht nur auf innerer Überzeugung beruht, sondern auch auf äußerer Gemeinschaft.
Jesus ja, Kirche nein?
Aber glauben Sie an einen persönlichen Gott? wurde Steyrer gefragt. Seine Antwort: „Wenn ich ganz ehrlich bin, nein.“
Damit wird aus einer lächerlichen Anbiederung eine ärgerliche Provokation. Erklärungen werden zu gedankenlosen Sprechblasen im Bemühen, wieder allen nach dem Mund zu reden.
Christen dürfen sich auf den Arm genommen fühlen. Aber sie dürfen darüber nicht vergessen, daß Offenbarung und Glaube ein Gnadengeschenk ist, das vom Menschen angenommen und bezeugt oder abgelehnt werden kann. Eine bewußte, freie Entscheidung.
Der als Christ und Bürger mündige Österreicher wird in seiner Wahlentscheidung aber ebenso bedenken, was als Wahlkampfthema besser ausgespart bleibt.
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