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Ktilturdialog in Wien

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V on 5. bis 7. April fand auf Ini - Vtiative von Bundesministerin Hilde Hawlicek die erste Wiener Kulturministerkonferenz statt. Unter dem Motto der einstigen Secessionisten „Der Zeitihre Kunst, der Kunst ihre Freiheit" trafen erstmals die Kulturminister Krast- ju Goranov (Bulgarien), Milan Lukes und Ladislav Snopko (CSFR), Siegfried Böttger (DDR), Izabella Cywinska (Polen), Andrej Plesu (Rumänien), Nikolaj N. Gu- benko (UdSSR) und Ferenc Glatz (Ungarn) zu einer Konferenz in Wien zusammen.

Begleitet wurden sie von Exper- ten- und Künstlerdelegationen der Sparten Film und Medien, Litera- tur, Musik, Darstellende und Bil- dende Kunst, unter ihnen der Schriftsteller Petar Karaangov (Bulgarien), der Intendant des Pots- damer Hans-Otto-Theaters Gero Hammer (DDR), der Autor Alek- sander Malachowski (Polen), der Komponist Roman S. Ledenjow (Sowjetunion) und der Regisseur Istvan Szabo (Ungarn).

Während der drei gemeinsam verbrachten Tage wurden Möglich- keiten eines Informationsaustau- sches und verstärkter Zusammen- arbeit zwischen Ost- und Westeu- ropa diskutiert. Nach den histori- schen Grenzöffnungen soll der Aufbau demokratischer Strukturen in der Bildungs- und Kulturpolitik unterstützt werden. Von der öster- reichischen Bundesregierung wird im Ministerrat ein Ostfonds-Son- derbudget beschlossen werden. Ein Kultur-Sonderbudget von 28 Mil- lionen Schilling für 1990 wurde bereits veranschlagt.

In den letzten Monaten wurden vom Bundesministerium für Un- terricht und Kunst bereits folgende Projekte zur Zusammenarbeit vor- bereitet:

• Errichtung eines Kulturzentrums in einem Renaissanceschloß in der Nähe von Krakau.

• Eröffnung des Europainstituts in Budapest im Mai 1990.

• Gründung eines europäischen Orchesters für zeitgenössische Musik.

• Informations- und Kommunika- tionsveranstaltungen sowie Work- shops auch im kleineren Rahmen.

• Austausch bestehender Kultur- zeitschriften, Gründung einer ge- meinsamen Zeitschrift.

• Literarisches Osteuropa-Sympo- sium Ende Mai.

• Maßnahmen zur Förderung von Übersetzungen aus den Ostspra- chen.

• Gemeinsame Veranstaltungen anläßlich des Mozartjahres 1991.

• Austausch von Theaterkünstlern.

• Bildende Künstler sollen künftig die Möglichkeit haben, auch in Österreich Ausstellungen zu ver- anstalten. Mit der Adaptierung eines „Atelierhauses" wurde bereits begonnen.

• Zur Leitung von Kulturprozes- sen sind Management und Marke- ting wichtig. Auch hier soll Öster- reich mit Seminaren und Work- shops helfen.

• Ein Plakat- und Architekturwett- bewerb wird für Künstler aus den östlichen Nachbarländern ausge- schrieben. Thema des Plakatwett- bewerbs: Abbau militärischer Blöcke, Reduzierung von Armeen, Umrüstung der Waffen, Span- nungsabbau.

• Die CSFR und Ungarn baten Österreich um Bereitstellung von Sprachlehrern für Deutsch.

• Eine multifunktionale Ausstel- lung soll der Bewußtmachung un- serer gemeinsamen Wurzeln die- nen.

Nicht nur der „Ostfonds" der Bundesregierung, sondern auch Sponsoren sollen Geldmittel für diese Projekte aufbringen. Die Kulturministerkonferenz wurde als erster ermutigender Schritt zur Überwindung der Isolierung unse- rer östlichen Nachbarländer gese- hen.

Österreich ist als neutrales Land besonders geeignet, eine solche Kulturoffensive zu beginnen und seine Rolle als Informationsträger wahrzunehmen.

Die Erwartungen, gegenseitige Wünsche und Vorstellungen ken- nenzulernen sowie bilaterale Kon- takte knüpfen zu können, wurden nach Aussagen der Teilnehmer bei weitem übertroffen. Sicher sind Maßnahmen wie dieses Treffen bei der Sicherung des Demokratisie- rungsprozesses in Osteuropa hilf- reich. Gleichzeitig dienen sie der Entfaltung des künstlerischen Po- tentials.

„Nach der Aufgabe der alten, hohlen Dogmen folgen Orientie- rungslosigkeit, Existenzangst und allzu rasch die einfachen neuen Gewißheiten", deutete der stellver- tretende DDR-Kulturminister Siegfried Böttger an, welche Funk- tion der Kunst nicht zuletzt im gesellschaftlichen Leben der ost- europäischen Länder zukommt.

Die Verhältnisse zu schaffen, unter denen die Bürger „ihre Hei- mat vor Ort finden können und zugleich mit den Perspektiven un- seres zusammenwachsenden Kon- tinents verbunden sind" - dies sei „eine eminent kulturpolitische Her- ausforderung an der Schwelle des 21. Jahrhunderts!"

Das Europäische Haus müsse, um seinen Bestand zu bewahren, „auf das tragfähige Fundament unserer Kultur gestellt werden".

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