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Leistung durch Geschenke

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„Da haben Sie sich aber die beste Firma ausgesucht!“ Betriebsratsobmann Guschlbauer ist überzeugt, in einem Unternehmen zu arbeiten, das^ seinen Mitarbeitern ein Maximum an sozialen Leistungen bietet. Immerhin verfügt er über ein Sozialbudget wie „wohl kaum ein Betriebsrat in einem anderen österreichischen Unternehmen“. Die genaue Höhe der Mittel, die durch die Hände der Belegschaftsvertretung fließen, bleibt aber genauso ungenannt wie der Firmengewinn. Daß die österreichische Tochter des Kopiergeräte-Weltkonzerns jedenfalls zu den besser verdienenden Unternehmen des Landes zählt, klingt in dem Gespräch mit dem Vertreter der Belegschaft und jenem des Managements (Public Relations-Chef Dr. Hermann Miche-litsch) unüberhörbar durch.

Seit über drei Jahren arbeitet der Großteil des Personals, derzeit genau 436 Leute, in dem neuen glatten Betongebäude am Beginn des Donaukanals in Wien. Dort steht ihnen nicht nur ein modernes Bürohaus mit allen Schikanen zur Verfügung, sondern auch ein „Fitneß-Center“ im Keller, ein keineswegs zu klein geratener Swimming-pool mit Gegenstroman-lage lädt die Wasserratten der Belegschaft ein, es gibt zudem Turnmöglichkeiten, eine Sauna, ein Solarium und natürlich den dazugehörigen Sportlehrer - alles gratis. Daß Rank Xerox auch allen anderen Sportarten aufgeschlossen gegenübersteht, braucht den Betrachtern dieses Fitneß-Centers gar nicht extra erklärt zu werden. Für jede Sportart wurden eigene Gemeinschaften gebildet: Fußball-, Tischtennis- und Tennisklub.

Den Skifahrern des Hauses ließ man sogar eigene Serien von Brettern „bei einem renommierten österreichischen Unternehmen“ herstellen. Sie tragen auf der Oberfläche in großen Lettern den Firmennamen Rartk Xerox (der Hersteller bleibt geheim) und sind deutlich billiger als die mit dem Herstellerzeichen gezierten Schwestermodelle. Zweck der billigen „Hausskier“ ist keineswegs allein die körperliche Ertüchtigung der Xerox-Mannen. Sie sollen auch den Firmennamen auf die Pisten tragen. Nicht auszudenken, wenn einmal einer ein Rennen auf „Rank Xerox“ gewänne und ins Fernsehen käme ...

Daß die Verwirklichung der Sportidee beispielsweise durch das Vertei-

len preisgünstiger Skier neben dem „sozialen“ Aspekt der Preisersparnis auch einen kommerziellen (der Werbung) hat, zeigt sich bei großen Sportveranstaltungen ganz deutlich: Wenn sich der Veranstalter einer Eis-kunstlaufmeisterschaft bereit erklärt, die Briefleisten der diesbezüglichen Korrespondenz mit dem Namen Rank Xerox zu schmücken, dann bekommt er gratis ein Kopiergerät für die Zeit der Meisterschaft zur Verfügung gestellt. Die Praxis, Produkte nicht gegen Bargeld, sondern gegen Werbeleistung zu vermieten, wird übrigens auch in der Computerbranche fleißig geübt.

Sportlich absolut uninteressierten Leuten entgeht zwar einiges der firmenspezifischen Vergünstigungen, doch bleibt auch für sie noch genug

an sozialen Leistungen. Guschlbauer erinnert sich an einen Betriebsausflug, dessen Veranstaltung Betriebsrat wie Personalchef für notwendig befunden hatten. Prompt spendete die Geschäftsleitung 60.000 Schilling für diesen Zweck.

Der Betriebsrat bekommt praktisch alle Aufwendungen vergütet und wenn es seinem Obmann einfällt, in Sachen Arbeitnehmervertretung an das andere Ende Wiens zu fahren, dann nimmt er das Betriebsratsauto und fährt ohne langes Einholen von Genehmigungen los.

Den Angestellten - Arbeiter gibt es bei Rank Xerox gar nicht, obwohl man ein Drittel der Arbeitsplätze auch mit Arbeitern hätte besetzen können - wird eine Entgeltfortzah-

lung im Krankheitsfall angeboten, die über das gesetzliche Minimum deutlich hinausgeht. Ein Belegschaftsmitglied ist beispielsweise seit April krank und wird noch immer im Personalstand geführt, betont Michelitsch. Zusätzlich hat das Unternehmen für die Leute eine eigene Todesfallversicherung abgeschlossen, aus der die Angehörigen rund 30 Monatsgehälter bekommen können. Die betriebliche freiwillige Unfallversicherung tritt für neue Mitarbeiter bereits 24 Stunden nach deren Eintritt in die Firma in Kraft.

Bei den Pensionszuschüssen steht derzeit gerade eine Änderung in Diskussion, der Kreis der Anspruchsbe-

rechtigten soll künftig auch Leute mit kürzerer Dienstzeit als zehn Jahre umfassen, fordert der Betriebsrat. Dieses Problem ist jedoch nicht akut, denn die österreichische Rank Xerox ist erst 15 Jahre alt und beschäftigt nur neun Personen, die von Anfang an im Hause sind. Angesichts eines Durchschnittsalters von 29 Jahren brennt die Problematik der Pensionszuschüsse von vornherein schon nicht so unter den Nägeln wie in anderen Firmen.

Wenn Michelitsch und Guschlbauer dann auf die Jubiläen und Mitarbeiterehrungen, auf die offiziellen Essen mit dem Personalchef oder Generaldirektor auf Krampus- und Weihnachtsfeiern zu Sprechen kommen, erinnert man sich als firmenfremder Zuhörer unwillkürlich des IBM-Mythos: Der hohen Leistungen, die der Urcomputerfirma nachgerühmt werden, aber auch des mitunter unmenschlichen Leistungsdruk-kes.

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