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Marmor, Stein und Eisen bricht...

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Das Interesse an der Volkskunst ist erst hundert Jahre alt. Der große österreichische Volkskundler Leopold Schmidt weist darauf hin, daß starke Anstöße von den Vertretern einer neuen Herrschergeneration aufgegriffen wurden, die — wie der Deutsche Kronprinz Friedrich und der österreichische Kronprinz Rudolf - am Beginn ihrer eigenen Ära standen.

Während Friedrich in Tirol Volkskunst sammeln ließ, engagierte Rudolf die besten Künstler für, das Monumentalwerk „Die

österreichisch-Ungarische Monarchie in Wort und Bild“, um -unter anderem — die bäuerliche Kultur des ganzen Reiches zu dokumentieren. Dieses . Interesse blieb nicht ohne Wirkung.

Die Motivation der Sammler ist nie von ihrem Kontext zu trennen: politisch-ideologische Interessen spielen eine Rolle, wenn das Volk „von oben“ auf nationale Wurzeln aufmerksam gemacht wird. Neben der wissenschaftlichen Sorge des Bewahrens stehen ein unberechenbarer Sammeltrieb, Gedanken an Kapitalanlage und ein nicht zu unterschätzender emotionaler Faktor: Volkskunst suggeriert Heimat, Heimeligkeit.

Selbstverständlich konnte das Angebot mit der Nachfrage nicht ständig Schritt halten. Im Handel gab es nur noch wenige kostbare Stücke. Banale Alltagsgegenstände oder im Heimatwerk-Look nachempfundene „echte“ Nachbildungen stillten das Bedürfnis breiter Käuferschichten. Daneben ist eine neue Art von Volkskunst entstanden: Jeder sein eigener Bauernmaler.

Volkskunst entstand - ganz abgesehen von der Frage, was denn „Volk“ und was „Kunst“ sei - unter ganz anderen Bedingungen und mit ganz anderen Funktionen. In der Regel bemalten Bauern weder Möbel noch schufen sie Hintergläsbilder. Volkskunst war angewandte Kunst, nicht Selbstzweck wie in der Hochkultur. Und die überwiegende Zahl der nicht verzierten Gegenstände ist nur deshalb nicht im Bewußtsein, weil sie dem Fach und den Museen lange Zeit zu unattraktiv, zu uninteressant erschienen. Dennoch entsteht vor unseren Augen eine neue Art von Volkskunst, insofern, als sich breite Kreise der Bevölkerung kunstgewerblich betätigen.

Das Schicksal der alten Volkskunst ist es indes, mehr oder minder öffentlich in Schönheit zu sterben. Für den Liebhaber ist weniger die Restaurierung - die man dem Fachmann überlassen sollte — als die pflegliche Behandlung der Objekte wichtig.

Ludwig Neustifter vom österreichischen Museum für Angewandte Kunst betont: „Raumklima, Temperatur und Luftfeuchtigkeit müssen stimmen.“ In Museen gilt eine relative Luftfeuchtigkeit von 45 bis 65 Prozent als annehmbarer Kompromiß. „Direkte Sonneneinstrahlung und grelles Kunstlicht ist zu vermeiden. Textilien und Bilder dürfen keiner größeren Lichtstärke als 60 bis 80 Lux ausgesetzt werden.“ Bei der Reinigung ist Vorsicht geboten. Holz und Textilien sind darüber hinaus durch Schädlinge gefährdet.

Neustifter rät, kleine Objekte aus Holz eine Zeitlang in einen Sack aus Polyäthylen zu stecken, um festzustellen, ob sich Fraßmehl zeigt. Holz reinigt man am besten trocken mit weichen Bürsten oder Pinseln. Harmlos ist Schaum, den man aus einem Feinwaschmittel schlägt und gleich wieder abtrocknet. Bemalte Oberflächen sollten kleinweise mit einem Wattetupfer geputzt werden, wobei man nach jedem Strich auf Farbspuren achten muß.

Während die Museen darauf eingerichtet sind, dem gefürchteten Holzwurm mit Blausäure und anderen Gasen den Garaus zu machen und mit Festigungsmitteln die Substanz zu retten, soll der Laie nur in Notfällen danach greifen. Holzskulpturen, Kleinmöbel, bemalte Gegenstände, Schnitzereien dürfen nur mit Holzschutzmitteln behandelt werden, die keine öligen Bestandteile enthalten, denn diese würden Flecken verursachen. Abgesehen von der Giftigkeit der Chemikalien ist darauf zu achten, daß das Mittel wieder entfernt werden kann. Um der unbehandelten Holzoberfläche nach dem Trocknen Glanz zu verleihen, kann man sie mit einer Wachspaste aus einer 15prozenti-gen Lösung von reinem gelbem oder gebleichtem Bienenwachs in feinstem Künstler-Terpentinöl bestreichen und nachpolieren.

Für Museen ist die Erhaltung von Textilien das Schwierigste.

Sie sind gegen den schädlichen Anteil des Lichtes besonders empfindlich und durch Schädlinge gefährdet. Staub, Schmutz und Feuchtigkeit beschleunigen den Alterungsprozeß. Seide, das empfindlichste Material, darf (unter einem Tüllnetz) mit dem Handstaubsauger gereinigt werden. Auch Wolle ist nur trocken zu reinigen. Der Mottenfraß ist weder mit Naphtalin noch mit modernen Mitteln zu vermeiden. Daher kommt man um regelmäßige Kontrolle und Behandlung nicht herum. Baumwolle, Leinen und Jute dürfen gewaschen werden, wenn man sich von ihrer Farbechtheit überzeugt hat. Allerdings sind hier Flecken ein Problem: Die Wahrscheinlichkeit, das richtige Fleckputzmittel zu finden, liegt bei 1:50.

Marmor wäscht man mit laui warmem Seifenwasser oder flüssigem Abwaschmittel mit einem Zusatz von ein Prozent konzentriertem Ammoniak von oben nach unten mit einer weichen Bürste. Beim Trocknen mit einem saugfähigen Tuch oder Zellstoff ist darauf zu achten, daß man den Schmutz nicht in die Poren reibt. Es wird gründlich mit Wasser nachgewaschen. Terpentinersatz oder Fleckbenzin eignen sich zur schonenden Behandlung.

Stein gehört zu den widerstandsfähigsten Materialien, wird aber durch Witterungs- und Umwelteinflüsse im Freien heute viel stärker in Mitleidenschaft gezogen als noch vor wenigen Jahren. Wenn er nicht schon sehr beschädigt ist, verträgt er die Behandlung mit Seifenwasser und Bürste.

„Krankes“ Glas, das rauh und irisierend-schuppend geworden ist, reinigt man am besten mit Alkohol oder Azeton statt mit Wasser. Beim Kleben gilt, wie bei allen Materialien: Von Laien nur mit reversiblem Klebstoff, wie dem guten alten Uhu-Alleskleber. Zweikomponenten- und Super-kleber sind für historische Objekte tödlich.

Steingut und Porzellan verträgt mechanisch bedeutend mehr als Glas, also Seifenwasser und Bürste. Kalkkrusten lassen sich mit zehnprozentiger Salzsäure entfernen, man muß gründlich nachwaschen. Unglasierte Steingutgefäße, die Ausblühungen von Salzen zeigen, werden durch wiederholtes Einlegen in weiches Wasser (fünf- bis.sechsmal über Nacht) entsalzt.

Eisen rostet, weil es durch Luftsauerstoff und Feuchtigkeit rasch oxydiert. Eisengegenstände können, von groben Verunreinigungen befreit, einen Tag lang in ein alkalisches Bad gelegt werden. Danach spült man sie gründlich ab und entfernt mit harten Bürsten die gelösten Ablagerungen.

Kunststoffe und Chemikalien können in der Hand des Laien sehr gefährlich werden. Das beginnt schon bei der Aufbewahrung von Fotos und populärer Druckgrafik in Plastikmappen oder Münzen in PVC-Taschen: Münzen verfärben sich, wenn die Folie aus chlorhaltigen Kunststoffen besteht oder bei der Verarbeitung Salzsäure frei wurde. Die altmodische Aufbewahrung in Postkartenalben, mit Seidenpapier zwischen Heiligenbildern ist allemal noch die beste. Ebenso kann Experimentieren mit Konservierungsmitteln irreversiblen Schaden anrichten.

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