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Null Funkte
Wenn man die Werbung für das .Musikland Österreich“ so anschaut — Motto: „Cein Dorf ohne Festival!“ — und wenn man hört, wie vom österreichischen Musikantenstadl weit über Euer Land hinaus mit genagelten Bergschuhen aus den Geschmacksnerven Beifall herausgestrampelt wird, wenn man ferner darüber staunt, wie Eure verpoppten Alpen-Heuler sämtliche europäischen Hitparaden erklimmen, dann wundert man sich, warum Österreichs Schlager im europäischen Wettbewerb heuer genau null Punkte errungen hat.
Man hätte sich das vielleicht einfach mit diesem Austro-Uberdruß erklären können. Warum sollten auch nicht rund zwanzig Jurys auf die gleiche Idee kommen?
Zum Beispiel auf folgende: 1. österreichische Musikanten müssen nicht immer alle an die Wand spielen}2. wenn ein gewisser Wilfried schon nicht Franz oder Karl heißt, überdies für Mona Lisa gar nicht zuständig ist, dann sollte wenigstens sein Lied gut sein; 3. die ORF-Leute sind sowieso Showinisten und finden immer sich und Österreich am besten, da kann man sich mit den Punkten lieber gleich anderswo beliebt machen.
Das wären so etwa meine laienhaften Erklärungen für diese gesangliche Null-Lösung in der Eurovision gewesen. Aber erst als Euer Wilfried enthüllt hat, daß es sich bei diesem Song-Contest nur um einen europäischen Politik-Protest gegen Bundespräsident Waldheim gehandelt haben'kann, da fiel es auch mir wie Schuppen von den Haaren: Natürlich — Waldheim, wer sonst?
Jetzt wird vieles, wenn nicht alles an diesem Schlagertest klar, der zuvor manchen nur an die Schmalz-Uberschüsse der EG erinnert hat.
Beinahe hätte ja Großbritannien gewonnen, was angesichts der Beliebtheit von Königin Elisabeth eigentlich selbstverständlich wäre. Die zwei fehlenden Punkte gehen bestimmt auf das Konto der permanenten Ehekrisen des Prinzenpaares Charles und Diana.
Da kann die Schweizer Siegerin nur froh sein: ihr Bundespräsident konnte ihr auf keinen Fall schaden, weil ihn überhaupt kein Ausländer kennt. Daß Frankreichs Beitrag nur irgendwo im Mittelfeld landete, war politisch klug: keine Einmischung in den Präsidentschaftswahlkampf— weder pro noch kontra Mitterrand!
Das deutsche Träller-Duo aus Mutter und Tochter mit Kitsch-Up hätte eigentlich mit null Punkten niemanden überraschen können, ergatterte aber immerhin vierzig Punkte. Da sieht man einmal, wie unglaublich beliebt der deutsche Bundespräsident sein muß!
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