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Regeln für den „Skiverkehr“

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leistung geführt hatte, die den Geist der aufgesplitterten Leistungsgesellschaft ausdrückte“.

Dieser dominierenden Teilkultur gegenüber sieht die Studie noch zwei weitere Teilkulturen, die ursprünglich wohl sehr deutlich voneinander abgesetzt waren, aber unter dem Einfluß der Modernisierung (Verallgemeinerung der Massenmedien, An-gleichung in der Deckung der physischen Bedürfnisse, geographische Beweglichkeit, Eröffnung von Aufstiegs- und Bildungschancen) zum Zusammenfließen tendieren: Es ist einerseits die bäuerliche Kultur, deren ursprüngliche Charakteristika in einer vor allem persönlich tradierten, in komplexen typischen Formen entwickelten Kunst bestanden; Verwurzelung in den kleinen Siedlungsgemeinschaften und enge Bindung an den Arbeitsrhythmus des bäuerlichen Lebens waren für sie charakteristisch, gibt die „ifes“-Studie an. Anderseits nennt sie die „Arbeiterkultur“, eine in den städtischen Unterschichten und den frühindustriellen Arbeitersiedlungen entstandene Ausdrucksform.

Für das heutige Österreich stellt nun die Studie gegeneinander undeutlich abgegrenzte Kulturschichten, Nachfahren dieser alten Teilkulturen, als bestimmend fest: einerseits den ländlichen Raum, als Nach-

nern städtischer Räume zuzurechnen' ist, die aber nicht den Bildungs- und Berufseliten angehören. Diese neue Mittelschicht steht ohne ausgeprägte kulturelle Tradition da, sucht nach einem adäquaten kulturellen Selbstausdruck, ist daher sehr uneinheitlich unsicher, Beeinflussung stark ausgesetzt; was um so bedenklicher scheint als diese neue Mittelschicht durch ihre Größe und Dynamik zur zentralen Sozialschicht unserer Gesellschaft geworden ist und damit die Gesamtkultur Österreichs stark prägt. ^

Schließlich gibt es die Bildungsoberschicht, die die Nachfolge des Adels- und Großbürgertums im Kulturmuster angetreten hat, wobei allerdings durch Vorherrschen der Bildungs- und Berufstüchtigkeit viele erneuernde Tendenzen in die traditionelle Hochkultur getragen werden. Dennoch fehlt es auch hier an kultureller Geschlossenheit, wiewohl viele kulturelle Verhaltensweisen durchgängig zu registrieren sind.

Nach all diesen klaren Gruppierungsversuchen der Studie sucht man dann freilich endlich nach einer Definition des Begriffs „Kultur“, von dem schließlich diese von Ernst Gehmacher organisierte Studie ausgehen muß. Aber da erschöpft sich bereits die Arbeit: „Kultur hat die Funktion,

Zwei tragische Lawinenkatastrophen verliehen in diesem Winter dem Thema „Sicherheit auf den Skipisten“ beklemmende Aktualität. In einem Land des Massenskisports kommt man nicht umhin, dem Problem der Sicherheit besonderes Augenmerk zu schenken.

Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, die Gefährdung der Skiläufer auf den zur allgemeinen Benützung zugelassenen Pisten weitgehend zu verhindern. Die Anlage von Aufstiegshilfen und Abfahrten, Pistenpflege, Abgrenzung, Markierung, La-winenverbauung und sogenannte „temporäre Maßnahmen“ sind dafür entscheidend, ob eine Gefährdung gegeben ist oder nicht. Es geht nicht darum, sämtliche Berge lawinensicher zu verbauen, aber es ist durchaus möglich, Pisten und Skihänge im unmittelbaren Bereich von (Bergbahnen abzusichern.

In Tirol bestehen rund 900 Seilbahnen, Sessellifte und Schlepplifte sowie ungefähr 1500 Skipisten. Etwa 60 Prozent dieser Abfahrten sind „Idealpisten“. Eine Idealpiste ist vor allem durch folgende Merkmale gekennzeichnet: sie muß in der Breite der Frequenz der Aufstiegshilfe angepaßt, zur Gänze mechanisch pflegbar, frei von Gefahrenquellen, gesichert und markiert sein. Dazu kommt noch der Bestand eines Rettungsdienstes und eines Lawinen-schutzdienstes. Wie entsteht eine Idealpiste? Am besten in Zusammenarbeit mit den Ländesbehörden.

So ist es möglich, in Koordination mit Forst sowie Wildbach- und La-winenverbauung optimale Voraussetzungen für eine Piste oder ein Skigebiet zu schaffen. In einem Gutachten der Landesregierung kann jedoch auch von der Anlage einer Abfahrt abgeraten werden. Bisher war jedoch kein Projektant in Tirol verpflichtet, ein skitechnisches Gutachten der Landesregierung einzuholen, wenngleich es zur Flüssigmachung von Krediten meist erforderlich war. Viele Pisten wurden jedoch ohne Beratung gebaut und etliche davon erfüllen eben nicht die heute gewünschten Voraussetzungen. Kollaudierungen gab es bisher nur für die Aufstieghilfen, wobei für Schlepplifte die Bezirkshauptmannschaft, für Ein Sessellifte das Land und für Doppelsesselbahnen und Seilbahnen der Bund zuständig sind.

Nun aber soll in Tirol einiges anders werden. Die Landesregierung bereitet zur Zeit ein Pistengesetz vor, das bereits im Olympiawinter in Kraft sein soll. Dieses Gesetz wird sowohl die Anlage, Sicherung, Markierung der Pisten und die Organisation des Pisten- und Rettungsdienstes als auch das Verhalten der Skiläufer regeln. Was den letzten Punkt betrifft, denkt man in Tirol nicht daran, eine „Pistenpolizei“ einzurichten, die sozusagen den ,Ski-verkehr“ überwacht, doch sollen Personen, die in gesperrte Lawinenhänge einfahren, bestraft werden. Im Amt der Tiroler Landesregierung arbeitet man derzeit auch an der Erstellung eines Pistenkonzeptes, in dem nicht nur alle Pisten Tirols — die guten und weniger guten — erfaßt und bewertet, sondern auch die marktwirtschaftlichen Gegebenheiten untersucht werden. Es wird sich dabei zeigen, ob das Tiroler Pistenangebot überhaupt den Vorstellungen und Motivationen der Skiläufer entspricht. Alles in allem Initiativen, die im Interesse der Wintersportler nur zu begrüßen sind.

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