6857420-1977_21_11.jpg
Digital In Arbeit

Religion ist kein Waschmittel

Werbung
Werbung
Werbung

„Die Kirche ist die größte Werbeagentur der Geschichte“ - diese Aussage eines Redners bei einer vom Katholischen Zentrum für Massenkommunikation in Zusammenarbeit mit der Bundesinnung des wirtschaftlichen Werbewesens veranstalteten Podiumsdiskussion kam unerwartet, trifft aber voll zu. Anlaß der Veranstaltung war der elfte Welttag der sozialen Kommunikationsmittel, Thema „Werbung in Massenmedien - Sinn, Gefahren, Verantwortlichkeiten“. Als Zeichen für den Erfolg ihrer Werbung wurde einmal mehr erwähnt, daß die Bibel das meistver- kaufte Buch der Welt ist.

„Werbung ist die Gestaltung von Botschaften, die Kommunikation erzeugen“ - so lautete die Definition des Werbefachmannes Gerhard Puttner, der ergänzte: „Ob Kommunikation stattfindet, entscheidet nicht der Sender, sondern der Empfänger.“ Der letzte Satz enthüllt nicht die ganze Wahrheit. Jeder weiß, wie sehr ihn die Werbewirtschaft heute allerorten verfolgt. Plakate, Inserate, Postwurfsendungen, als Werbeträger ausgestattete Massenverkehrsmittel, Hörfunkeinschaltungen und Femsehspots - so groß können die eigenen Scheuklappen gar nicht sein, daß der einzelne Mensch all diese Eindrücke völlig zu ignorieren vermag. Und sei es nun kommer-' zielle Reklame oder ideologische Propaganda, immer will man den Empfänger nicht nur informieren, sondern auch beeinflussen, damit er eine bestimmte Ware kauft, eine bestimmte Partei wählt.

Noch gefährlicher ist die unterschwellige Werbung, die von der Werbebranche zwar bestritten wird, für die aber die finanzielle Abhängigkeit der Medien von dieser Branche ein vielzitiertes Indiz ist. Der „mündige Bürger“ kann - vielleicht - Widerstand leisten, wenn die Werbung Wünsche her- vorruft, die vorher gar nicht da waren. Doch die Kinder und Jugendlichen? Ein Beispiel sollte zu denken geben: Der „Kojak-Lolly“ findet in allen Ländern, wo die Femsehserie „Einsatz in Manhattan“ anläuft, plötzlich reißenden Absatz.

Wie steht die Kirche zur Werbung? Papst Paul VI. bejahte in seiner Botschaft zum Mediensonntag ausdrücklich ihre Notwendigkeit, sprach aber deutlich aus: „Sie muß wahr und verantwortlich sein, von Achtung erfüllt gegenüber dem Menschen und seinen grundlegenden Werten und bedachtsam in der Wahl der Umstände und Darstellungsweisen.“ „Medienbischof ‘ Stephan Läszlö präzisierte in der Diskussion, daß Werbemethoden unter Verletzung der Menschenwürde, etwa die heute vielfach übliche Degradierung der Frau zu einer Ware, unbedingt abzulehnen seien.

Bischof Läszlö hatte schon vorher in einem Pressegespräch in Eisenstadt Werbemaßnahmen der Kirche in seiner Diözese angekündigt: Überprüfung der Gottesdienstanzeiger an den Ortseinfahrten, Publikation eines Heftes mit der Gottesdienstordnung der gesamten Diözese, Verteilung von Tausenden Blättern mit Hinweisen auf Kirchenfunk-Sendungen, bessere Gestaltung kirchlicher Schaukästen. „Die Kirche, als Angebot Gottes verstanden, ist an sich Werbung“, sagte der Bischof.

Die Kirche hat heute eine große Chance. Denn Voraussetzung für erfolgreiche Werbung ist ein latentes Bedürfnis beim Empfänger, wie bei der Diskussion gesagt wurde. Die Frage nach dem Sinn des Lebens beschäftigt heute wieder mehr . und mehr die Menschen. Hier müßte die Kirche einhaken, ohne natürlich zu versuchen, die Religion wie ein Waschmittel an den Mann zu bringen. Der Religionsunterricht und die Sendezeiten in den Medien bieten sicher viele noch besser als bisher nutzbare Möglichkeiten.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung