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Sinnsuche
Der Begriff Sinnsuche ist gegenwärtig weitgehend negativ besetzt. Nach Sinn sucht, wer an der Sinnlosigkeit des Daseins leidet; wer sich schwertut, in seinem Leben noch einen Sinn zu entdecken. Typisch für diese Art von Sinnsuche ist das Wort Kierkegaards: ,Mein Leben ist zum Äußersten gebracht, ich ekle mich am Dasein, es ist ohne Salz und Sinn.'f
Man kann Sinnsuche aber auch viel positiver sehen. Der Mensch ist in vielen Bereichen des Lebens nicht festgelegt. Er steht vor einer Fülle von Möglichkeiten. ,Jn die Mitte der Welt gesetzt, sollst du dir einen Uberblick über alles verschaffen, was in der Welt ist. Wir haben dich weder als einen Himmlischen noch als einen Irdischen, weder als einen Sterblichen noch als einen Unsterblichen geschaffen, damit du als frei gestaltender Bildner und Dichter deiner selbst die Form wählen kannst, in der du leben möchtest.“ (Nach Pico della Mirandola.)
In dieser Offenheit hat der Mensch den Auftrag und die Aufgabe, nach dem Sinn zu suchen, um zu erkennen, „wo es mit dem Menschsein letztlich .hinauswill'“ (Eugen Biser). Die Sinnfrage ist die Frage nach der „Ortsbestimmung“ des Menschseins.
Die Sinnsuche ist so gesehen eine Grundaufgabe des Menschen, die in seiner Freiheit und Offenheit begründet ist und nicht erst in verzweifelten Situationen aktuell wird.
Welche Bedeutung hat nun der christliche Glaube bei der Suche nach Sinn?
Als ein Akt des V er Stehens ist er eine Orientierungshilfe. Er hilft den Menschen bei der Standortbestimmung; bei der Beantwortung „der Frage, wo es mit dem Menschsein letztlich hinauswill“.
Und wo die Sinnfrage den Menschen geradezu entwurzelt und ihm den Halt raubt, dort ist der Glaube eine Stabilisierung shilfe“. Der Glaubende weiß sich gehalten und getragen von Gott; selbst dann, wenn er keinen Sinn mehr zu erkennen vermag. „Ist Gott für uns, wer ist dann gegen uns?... Was kann uns scheiden von der Liebe Christi? Bedrängnis oder Not oder Verfolgung, Hunger oder Kälte, Gefahr oder Schwert?... Doch all das überwinden wir durch den, der uns geliebt hat“ (Rom 8,31,35,37).
Diese Worte geben keine Antwort auf die Frage nach dem Warum und Wozu. Sie lösen nicht die schmerzvollen Rätsel. Aber sie vermitteln die Gewißheit, von Gott gehalten und geliebt zu sein. Und diese Gewißheit vermittelt Halt und Hoffnung, und sie hilft dem Menschen zur „Annahme seiner selbst“.
14. Teil einer Serie zum Buch „Die glaubensgeschichtliche Wende“ von Eugen Biser.
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