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Ski-Heil 1988

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Mir Gutgesinnte sagen es mit listigem Augenzwinkern, Feindselige mit nervösem Augen-zucken: ich bin intolerant. Gut, aber ich bin es differenziert.

So ertrage ich Zeitgenossen, die beim Wort „Fasan“ sofort als einzig Mögliches die Assoziation „Speckhemd“ folgen lassen, zwar schwer, aber doch noch eher als jene Spezies Mensch, der bei Schnee nichts anderes als Skifahren einfällt.

Daß ab Ende Oktober die Bel-credis und Kletters in ihren humorigen Prognosen so tun, als säße ausschließlich der A-Kader des Skiweltcups vor den Fernsehapparaten, nach fünfzig Zentimeter Neuschnee täglich lechzend und das Ausbleiben desselben zur Staatskatastrophe ernennend, mag als Mißverständnis der gar nicht so hohen Warte angehen.

Daß jedoch einer wie ich, der nicht spätestens vom Stefanitag an nur mehr mit Skiträgern auf dem Auto (von dem er kurz vorher das Surfbrett abmontiert hat) und unbeweglich machenden Fußblockiergeräten, die entfernt an Schuhe erinnern, anzutreffen ist, zu den verfemten Kretins der Nation gezählt wird, läßt mich aufbegehren.

Vor allem sind's die Hotelportiere, deren erste Frage bei der Ankunft im Winterurlaub meinen Skiern, meist aber — noch schlimmer — meinen Schis gut, und die die Menschen bestenfalls in Alpin- und Langlaufsküäufer ein-zuteüen bereit sind und alles andere fassungslos und nach einiger Zeit der Betroffenheit mitleidig zu dulden sich bereit erklären.

Ich frage, ob sich der geschätzte Rezeptionist nicht genausogut und mit viel mehr Recht zur Sorge nach den Eßgewohnheiten meines draußen noch wartenden Elchs oder meiner Schlittenhunde erkundigen könnte.

Der Sinn der seinerzeitigen Erfindung, dem Menschen zwei tragfähige Bretter als Gleitschuhe und somit winters nützliches Fortbewegungsmittel beizugeben, ist seit Jahren zu dem gediehen und verfälscht, was auf anderer Ebene Herr Nikolaus Lauda in einer Sternstunde als sinnloses „Im-Kreis-Fahren“ abqualifiziert hat. Solcherart jedoch als Sport bezeichnet trägt's fortan den Nimbus und die Unantastbarkeit der Körperertüchtigung, wenngleich Schlepplifte und Jagertee zunächst einmal eher auf Gegenteiliges hinweisen.

Der von mir überaus geschätzte Hans Weigel würde vielleicht, auf den Devisenbringer Nummer eins angesprochen, die ich weiß nicht wievielte Auflage seines Blödelbuches für Anfänger anhand des im Sküauf unumgänglichen Substantivs „Piste“ mit der Frage „wer oder was“ ergänzen.

Ich aber, weniger lustig als der Literaturprofessor und der sommerlich gespenstisch wüstenhaft daliegenden Abfahrtsstrecken gedenkend, kehre zurück zum Ausgangspunkt allen Übels und dieser Betrachtung: zum Schnee.

Im Lexikon wird er als fester Niederschlag definiert. Niederschlag, na also. Für wen, steht nicht da. Und man wird doch noch ein bißchen harmlos träumen dürfen.

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