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Sladek im Urzustand
Der „Sladek” ist ein sehr früher Horvath, entstanden um 1927, nach der „Bergbahn”, drei Jahre vor der „Italienischen Nacht”. Der „Sladek” ist Horvath im Status nascendi, der Vergleich der beiden Fassungen, der früheren, die „Sladek oder Die schwarze Armee” hieß, und der einige Monate später entstandenen, „Sladek, der schwarze Reichswehrmann”, ermöglicht einen aufschlußreichen Einblick in die Arbeitsweise des Dichters.
Der „Sladek” ist ein sehr früher Horvath, entstanden um 1927, nach der „Bergbahn”, drei Jahre vor der „Italienischen Nacht”. Der „Sladek” ist Horvath im Status nascendi, der Vergleich der beiden Fassungen, der früheren, die „Sladek oder Die schwarze Armee” hieß, und der einige Monate später entstandenen, „Sladek, der schwarze Reichswehrmann”, ermöglicht einen aufschlußreichen Einblick in die Arbeitsweise des Dichters.
Zeigt einen seiner Mittel noch nicht sicheren, Szenen umgruppierenden, verschiedene dramaturgische Wirkungen ausprobierenden Horvath. Vor Jahren erschien mir (beim Lesen) die zweite Fassung geschlossener, konsequenter, dichter, logischer. Nach der Inszenierung der früheren Version bei den Wiener „Komödianten” bin ich dessen nicht mehr so sicher.
Sie haben „Sladek oder Die schwarze Armee” offenbar sehr bewußt gewählt. Die größere Zahl von Schauplätzen, der abruptere Szenenwechsel kommt dem Stü dieses Theaters (und seinen technischen Möglichkeiten, seinem zum Teil sogar im Wortsinn transparenten Apparat) viel stärker entgegen. Aber Horväth hat das Stück keineswegs nur umgeschrieben, um es für das Theater seiner Zeit akzeptabler zu machen. Er läßt den Sladek in der ersten Fassung auswandern, in der zweiten sterben, dafür kommt er in der Erstfassung vor Gericht. Die Fassung, in der Sladek überlebt, ist die bissigere, die bittrere, möglicherweise auch die, in der vom späteren Horväth schon mehr präsent ist.
Im „Sladek” sind die Nazis schon da, aber noch nicht an der Macht Dieses Stück macht verständlich, warum Horvath keine politischen Theaterstücke mehr geschrieben hat, als sie an der Macht waren: Es war zu spät, eben dies zu verhindern. Der „Sladek” ist nicht nur eine Dichtung, und er ist nicht nur das Porträt eines Menschen Jahrgang 1902, nach Horväths Worten „der Typus des Traditionslosen, Entwurzelten, dem jedes feste Fundament fehlt und der so zum Prototyp des Mitläufers wird. Ohne eigentlich Mörder zu sein, begeht er einen Mord. Ein pessimistischer Sucher, liebt er die Gerechtigkeit…” Der Sladek ist vor allem eine Warnung von ungeheurer Intensität. Aus jeder Szene ist zu spüren, mit welchem humanistischen Engagement, mit welcher Bereitschaft, sich politisch zu exponieren, dieses Stück geschrieben wurde. Die Details der Handlung, die illegale Armee, die Diskussionen um den Versailler Friedensvertrag, sind Geschichte. Die Warnung ist Gegenwart, ist lebendig geblieben, steht da, verkörpert in jeder Person des Stückes. Für die älteren Menschen im Publikum war der Sladek ein Rückblick. Die jüngeren erlebten offensichtlich Horväths Hic et nunc.
Die Inszenzierung von Jan Meyer holt das Äußerste aus jedem Darsteller. Sie sucht und findet den Anschluß an das Aufarbeitungs-Theater der frühen Nachkriegszeit. Sehr stark, weil von jedem der sich anbietenden Klischees meilenweit entfernt, Dieter Ho- finger in der Rolle des (sozialistischen?) Redakteurs. Karl Menrad gibt dem Sladek genau jene Note, die von einem Berliner Verleger (den Horväth in einem Interview zitierte) als „Gestalt zwischen Büchners Wozzeck und dem Schwejk” bezeichnet wurde. Für den Hauptmann (Dietrich Schlederer) fehlte offenbar das Sensorium, das Ergebnis ist Outrage. Das Bühnenbild (Gerhard Jax) demonstriert alle Möglichkeiten einer mitunter schon zum Selbstzweck werdenden Maschinerie.
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