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Sommersaison in London
Sommersaison in London: das bedeutet 48 Promenadenkonzerte in der Royal Albert Hall, mit durchschnittlich 2000 „Prommers“ auf den Stehplätzen und bis zu 4500 Zuhörern im Parkett und auf den verschiedenen Balkons; das bedeutet ferner fünf Kirchenkonzerte in der Westminster Cathedral und in St. Augustine's und einige Konzerte im Round House, wo man auf dem Boden sitzen kann, um sich zeitgenössische Musik anzuhören.
In dem Konzert der „Fires of London“ war die Novität ein Werk von Oliver Knussen, dem 24jährigen Komponisten aus Glasgow, der bereits mit 16 Jahren seine erste Symphonie dirigierte und jetzt bei Opus 10 angelangt ist. „Ocean de Terre“, über ein Gedicht von Guillaume Apollinaire, ist für Sopran und Kammerensemble gesetzt. Die Anlage des Stückes ist streng symmetrisch, mit einem Scherzo und Trio im Zentrum und langsamen, dunklen Instrumental-sätzen als Einführung und Nachspiel. Während die tiefen Akkorde das Rumoren auf dem Meeresgrunde zu schildern schienen und die rapide Figuration dem Spiel der Wellen glich, gewahrte man jenseits von Bild und Atmosphäre eine Behandlung der Zeit, die durch gleichzeitige Verwendung langsamer harmonischer Fortschreitungen und einer Unmenge schnell vorbeihuscliender Noten den Eindruck hastenden Stillstandes und bewegter Statik hervorrief. Das Stück hatte entschieden Stimmung und Charakter, nur die surrealistische Dimension des Gedichtes wurde von Knussen nicht berücksichtigt.
In demselben Konzert spielten die Fires „Dark Angels“ für Sopran und Gitarre, ein neues Werk von Peter Maxwell Davies, das den Stempel der Orkney Inseln trägt, wo der Komponist seit einigen Jahren sein Eremitendasein führt. Der Text von George Mackay Brown, der die Desalation der menschenleeren Insel schildert, wird von Maxwell Davies in Klänge ohne den geringsten sinnlichen Bezug übertragen, verhauchende Klänge einer aussterbenden Landschaft, von Mary Thomas mit bewundernswerter Zurückhaltung vorgetragen, von Timothy Walker diskret begleitet.
In dem Konzert der London Sinfonietta hörte man „And sudden-ly it's Evening“, einen Liederzyklus von Elisabeth Lutyens, der Sendorin britischer Zwölftonmusik, die wenige Tage vorher ihren 70. Geburtstag begangen hatte. „And suddenly it's evening“ über vier Gedichte von Quasimodo ist für einen Tenor und drei Instrumentalgruppen gesetzt, die sich in der Begleitung der Sängerin und der Ausführung der Zwischenspiele ablösen. Um einen zentralen Kanon zwischen Trompete und Posaune kreisen die Spiegelbilder des Zwölftonthemas, stets in anerer Besetzung, stets unter neuen Facetten. Mit den, von dem Tenor unbegleitet vorgetragenen, Titelworten und einer kurzen Coda endet der Zyklus.
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