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Tierischer Glaube

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Der Pfarrer fragt eine Frau: „ Warum kommen Sie nie in die Kirche? " Darauf die Frau: „ Ich würde ja gern kommen, aber ich weiß nicht, wohin ich in- zwischen den Hund geben soll. Der bleibt mir nicht allein." Jetzt hätte der Pfarrer am lieb- sten gesagt: „No, dann nehmen Sie doch den Hund mit in die Kirche." Aber das hat er nicht gewagt - wegen der Gläubien.

Ein anderes Mal geht es schon um sehr viel mehr. „Sagen Sie, Herr Pfarrer, ist das wahr, daß in unserer Kirche ein Hund beim heiligen Abendmahl war?" Der Pfarrer klärt das sofort auf. Beim Abendmahl war ein Paar, das er erst un- längst getraut hat. Und der Bräutigam hat den super-win- zigen Hund im Ärmel stecken gehabt. Aber natürlich hat der Hund nichts bekommen.

Aber war das wirklich so „natürlich"? Dem Pfarrer hat das keine Ruh' gelassen. Näm- lich die theologische Frage: „Dürfen Hunde, allgemein Tie- re, in einer Kirche an der Kommunion teilnehmen? Aufs erste kam ihm diese Frage „natürlich" lästerlich, ja ab- surd vor. Aber dann ist ihm einiges aufgefallen; nämlich, wie sehr Tiere mit Gott, dem Vater, dem Sohn und heiligen Geist zu tun haben:

Menschen und Tiere haben einen (1) Vater. Was aus dem Mund von Franz von Assisi noch im poetischen Sinn miß- verstanden werden konnte, er- kennt diese Generation als Re- alität. Tiere sind Mitgeschöp- fe, also die Geschwister der Menschen. Beide sitzen zum zweiten Mal in einem (1) Boot. Was heute die Tiere umbringt, bringt morgen die Menschen um.

Erkennen die Menschen aber auch, wie sehr Tiere die Brü- der und Schwestern Jesu Chri- sti sind? Millionen unschuldi- ger Tiere werden gekreuzigt. Durch den Autoverkehr, den Tourismus, die Umweltschä- den werden sie dahingemor- det, denn die Menschen „wis- sen nicht, was sie tun". Tau- sende Tiere geben ihr Leben her, daß Menschen geheilt werdenundlebenkönnen. Und sie leiden oft viele Stunden, ja Tage entsetzliche Qualen.

Viele Tiere sind eigentlich Märtyrer. Eine Art Golgotha ist fast schon ein normales Tier- schicksal geworden. Christus hat das Fleisch der Tiere angeommen.

Und der heilige Geist „weht" auch durch die Tiere. Wieviele Kinder und alte Leute haben ein Tier als einzigen Kamera- den. Wieviele Menschen erle- ben Zärtlichkeit, Geborgen- heit, Liebe und Spiel nur durch ein Tier: seine Geduld, seine Aufmerksamkeit, seinen Hu- mor und seine Treue. So ein Hund oder eine Katze hat oft mehr heiligen Geist im Leib als so mancher Mensch.

Aber in die Kirche dürfen sie nicht. Haben sie es vielleicht gar nicht nötig, weil sie selbst eine Kirche sind? (Vergleiche 1 Kor 3,16)

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