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Amerikas neuer Vizepräsident, Gerald Ford, ist ein Mann mit wenig innenpolitischer und überhaupt keiner außenpolitischen Vergangenheit und Markierung. Die Gefahr eines außenpolitischen Interregnums in Washington aber ist nah. Der Isolationismus breitet sich aus und auf den Schwächepunkt der Außenpolitik vor. Über dem gemeinsamen Nenner der Detente der Großmächte, und der exklusiven Ausrichtung des Versagens der Verbündeten der sowjetischen Weltpolitik gegen China, verwachsen der Isolationismus von rechts und von links ineinander. Die Frage: Wen hat Kissinger hinter sich, wer wird morgen hinter ihm sein, wenn er gegen den Strom schwimmt, der in derselben Richtung fließt, wie die Politik in seinem eigenen Land? Isolierung der USA in Europa und in Asien, Zerfall der Restbestände der europäischen und asiatischen Bündnisse mit den USA?

Die Verstärkung. des ölembar-gos gegen die westeuropäischen Staaten, die verstärkte NATO-Krise unter dem Druck des öl-embargos und der festere Halt der UdSSR an Indien nach Breschnews Reise nach Delhi zeigen die Richtung an.

In Westeuropa ist der zweite Brief aus den Erdölstaaten angekommen. Noch letzten Freitag hatte sich Kissinger nach einem Gespräch mit dem saudi-arabi-schen Erdölminister .in Washington optimistisch gegeben. Er wallte mit Hoffhungen auf eine Erleichterung der ölsituation nach Europa kommen. Der Optimismus war unlogisch. Der zweite Brief war zu erwarten, weil sich die Erpreßten nach dem ersten nicht nur willfährig, sondern auch uneins erwiesen hatten. Die europäischen Reaktionen: rette sich, wer kann, arrangiere sich, wem es möglich ist, verschärfen die Stimmung gegen den Versucher der NATO-Solidarität, nicht gegen den Erpresser, sondern gegen den belastenden Verbündeten, gegen die USA.

Frankreich erkennt: Die Un-' gleicheit der Erdölversorgung muß die EWG sprengen. Frankreich sieht die Rettung nur in einer Vergrößerung der Privilegien bei den Erdöllieferanten. Alle Tagungen der NATO stehen im Zeichen der Lustlosigkeit der europäischen Partner, mit den USA einen Ausgleich bei der Lasten- und Kostenaufteilung zu finden. Finanzprobleme verdek-ken die politischen Risse. • In Südasien erntet die UdSSR die Früchte des arabisohen Zorns. Bei seinem Besuch in Delhi konnte Breschnew öllieferungen aus der UdSSR für die Ausfälle aus den arabischen Ländern versprechen. Mit diesen öllieferungen und mit Investitionsversprechen zur Rettung des indischen Fünfjahresplanes vor dem vollständigen Zusammenbruch dämpfte er die Bestrebungen nach einer Neubelebung der wirtschaftlichen und der politischen Kontakte mit den USA. Pakistan wiederum erhofft sich aus dem Aufstand des Erdöls gegen den Westen die langersehnte Wiederherstellung einer islamitischen Einheit — in Form der Unterstützung gegen Indien. Während Breschnews Besuch in Indien neue Annäherung an die USA zumindest bremste, verbündete der Erdölboykott Pakistan wieder stärker mit den arabischen Erdölländern; hier direkt, dort indirekt werden die USA noch weiter in die Isolierung gedrängt.

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