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Ungarn: Laien treten Kirchenfunktionen an

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Die ersten 120 A bsolventen der katholisch-theologischen Fernkursein Ungarn haben ihr Absolutorium erhalten. Über ihre künftigen Arbeitsmöglichkeiten hat Kardinal Lėkaisehr hoffnungsvolle Perspektiven aufgezeigt. Hubert Feichtlbauer sprach darüber mit Professor Thomas Nyiri, der anläßlich des Steirischen Katholikentages und seiner Teilnahme an einer Club-2-Diskussion im ORF in Wien weilte.

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Die ersten 120 A bsolventen der katholisch-theologischen Fernkursein Ungarn haben ihr Absolutorium erhalten. Über ihre künftigen Arbeitsmöglichkeiten hat Kardinal Lėkaisehr hoffnungsvolle Perspektiven aufgezeigt. Hubert Feichtlbauer sprach darüber mit Professor Thomas Nyiri, der anläßlich des Steirischen Katholikentages und seiner Teilnahme an einer Club-2-Diskussion im ORF in Wien weilte.

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FURCHE: Herr Professor Nyiri. Sie wurden eben als Direktor der katholisch-theologischen Fernkurse für weitere drei Jahre vom Professorenkollegium der Katholisch-theologischen A kademie in Budapest gewählt und von Kardinal Lekai bestätigt. Wie beurteilen Sie das Ergebnis der ersten drei Jahre?

PROF. NYIRI: Außerordentlich positiv. Es war erstmals nicht ein Rückzug, nicht eine Defensivmaßnahme, sondern ein Schritt nach vorn. Von den 140 Teilnehmern, die 1978 angefangen haben, legten kürzlich 120 die Abschlußprüfung ab, und zehn weitere werden es im Herbst tun.

FURCHE: Wer hatte die Idee für diese Fernkurse?

NYIRI: Das war Kardinal Lekai, dem es dabei ganz bewußt nicht zuletzt darum ging, die Laien stärker in die Aktivitäten der Kirche einzubeziehen. Sie müssen bedenken, wie wichtig dies in einem Land ist, das in puncto Priestermangel in ganz Europa an vorletzter Stelle steht und nur noch von Holland unterboten wird.

FURCHE: Wie gingen diese Fernkurse konkret vor sich?

NYIRI: Die Teilnehmer erhielten Skripten zugesandt und versammelten sich jedes Semester dreimal zu Studienwochenenden in Budapest. Da ging es sehr bunt zu. Einmal legte eine junge Mutter mit einem Baby im Arm eine Prüfung’über den heiligen Augustinus bei mir ab und sagte mir anschließend lachend, daß ihr Bub auch Augustin heiße.

FURCHE: Wieviele Frauen machten mit? Wer waren überhaupt die Teilnehmer?

NYIRI: Die Frauen machten über die Hälfte der Teilnehmer aus. Eben

falls mehr als die Hälfte kamen von außerhalb Budapests. Praktisch waren alle Berufsgruppen vertreten: weibliche und männliche Ärzte, Fürsorger, Leh

rer, Ingenieure, Kaufleute, Tierzüchter, Förster, Facharbeiter, auch viele Künstler, die die Auffassung vertraten, jedes echte Kunstwerk verrate eine Transzendenzbeziehung. Viele Akademiker sagten, Wissenschaft genüge ihnen als Weltanschauung nicht.

FURCHE: Welchen Wert hat das

Abschlußzeugnis der Fern kurse?

NYIRI: Voraussetzung für die Teilnahme war Matura. Das Abschlußzeugnis entspricht ungefähr dem Absolutorium, das bischöfliche Lehranstalten auf dem Land verleihen.

FURCHE: Was können die Absolventen nun damit anfangen? Darüber hat ja der Kardinal beim letzten Studienwochenende ausführlich und konkret gesprochen.

NYIRI: Ja, er erwähnte die Möglichkeit der Fortsetzung des Studiums bis zur Erlangung eines akademischen Grades für beide Geschlechter. Bisher konnten Frauen keine ordentlichen Hörer des Theologiestudiums sein. Das ist ab Herbst mit und ohne Fernkurs möglich. Auch werden geeignete Personen haupt- oder nebenberuflich als Katecheten tätig sein können.

FURCHE: Wer entscheidet über die Eignung?

NYIRI: Wie bei Priesterkandidaten die Verleihung der missio canonica durch die Kirche und die Zulassungsgenehmigung durch den Staat.

FURCHE: Erwarten Sie hiebei schikanöse Schwierigkeiten? Halten die Fernkursteilnehmer Probleme im privaten oder im Berufsleben wegen der Teilnahme?

NYIRI: Mir sind keine bekannt und ich erwarte auch keine Schikanen.

FURCHE: Was sonst noch können Fernkursabsolventen werden?

NYIRI: Das, was Sie in Ihrem Land Pastoralassistenten nennen, aber auch zum Beispiel Krankenbetreuer oder sogenannte kirchliche Bezugspersonen, die in priesterlosen Pfarren die Verbindung zu Nachbargeistlichen herstellen.

FURCHE: Haben Sie schon einen Überblick, wieviele der Absolventen dies und wieviele jenes tun werden?

NYIRI: Etwa 40 Prozent wollen weiterstudieren. Zwischen 20 und 30 Prozent möchten sich einer der genannten anderen Tätigkeiten zuwenden. Manche sind auch bereit, zu diesem Zweck Budapest zu verlassen und aufs Land zu gehen.

FURCHE: Hat das Interesse für theologische Fernkurse seit ihrer Einführung vor drei Jahren nachgelassen?

NYIRI: Nein, im Gegenteil - 1978 haben sich 140 geeignete Kandidaten gemeldet, 1979 schon 150, 1980 dann 175 und heuer wieder 173, wobei wir aus Platzgründen - wir haben einfach nicht genug Pulte und Stühle - immer wieder Bewerber schon für das jeweils übernächste Jahr vormerken müssen. Außerdem geht der Altersdurchschnitt immer weiter herunter: 1980 waren 63 Prozent unter 40 Jahren, heuer schon fast 70 Prozent, und 56 Prozent sind unter 30!

FURCHE: Sie sind also zufrieden?

NYIRI: Die letzten drei Jahre waren für mich die fruchtbarsten meiner 31 Priesterjahre..

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