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Viel Einseitiges zum Anschluß“
60 Jahre Republik, 40 Jahre nach dem „Anschluß“: 1978 bot so manchen Anlaß, sich zu erinnern, wie es „damals“ war, damals, als die Monarchie zusammenbrach und die junge Republik nicht zu sich selbst fand; damals auch, als diese versäumte Selbstfindung im Untergang mündete. Franz Danimänn, Leiter des Landesarbeitsamtes Niederösterreich und bereits selbst als Historiker hervorgetreten, regte 1977 an, dem 40. Jahrestag des Einmarsches deutscher Truppen eine Publikation zu widmen, die Selbstzeugnisse der Akteure von einst zusammenfassen sollte.
Das Ergebnis ist eine Sammlung von rund 70 Beiträgen von 60 Mitarbeitern, größtenteils Leidtragende jener Tage, eine Fülle schon bekannter oder noch unbekannter Erinnerungen zwischen März 1938 und Oktober 1955, die sicherlich mit dazu beitragen können, auch bei den Jungen, für die diese Jahre Geschichte sind, Verständnis für die Eltern und Großeltern zu wecken. Wenigstens soweit sie auf der einen Seite gestanden sind, auf der der 1938 Geschlagenen.
Ohne einen „historischen Proporz“ zu fordern - die Gewichtigkeit der Tatzeugen der Linken gegenüber jenen des bürgerlichen Lagers scheint mir etwas zu sehr auf die Seite der heute Tonangebenden verschoben. Und sollte man heute, 40 Jahre nachher, nicht doch gelegentlich auch die Geschlagenen von 1945 zu Wort kommen lassen, ihnen Gelegenheit geben, ihre Entscheidung von einst
zu begründen? Die Gründe lagen durchaus nicht nur im Opportunismus und Untermenschentum.
Dieses Verständnis bemüht sich Hans Laußermair zu wecken, wenn er im Eigenverlag unter dem Titel „Aufbruch und Zusammenbruch“ versucht, „Zeitgeschichte verständlich gemacht“ anzubieten. Er greift bis 1918 und die Vorgeschichte jenes Zusammenbruchs zurück und führt in großen Zügen bis in die Gegenwart - verfällt dabei aber allzuoft Klischees und Schablonen, die dem heutigen Stand der Geschichtsforschung längst nicht mehr gerecht werden. Das beginnt bei einer rein deutschnationalen Sicht der Elsaßfrage und reicht bis zur sogenannten „Begründung“ des Antisemitismus der Zwischenkriegszeit. Zur Erklärung der Kriegsereignisse werden nicht nur Dokumente zitiert, wie sie in allen Geschichtsbüchern auftauchen, sondern auch Romane ohne historische Gültigkeit. Sollte es wirklich unmöglich sein, die Vergangenheit unserer Generation von berufenen Historikern so für unsere Kinder aufarbeiten zu lassen, daß ihnen ein ausgewogenes Bild geboten werden könnte?
FINIS AUSTRIAE. Osterreich März 1938. Von Franz Danimann hg. Europa-Verlag 1978. 268 Seiten, öS 218,-.
AUFBRUCH UND ZUSAMMENBRUCH. Zeitgeschichte verständlich gemacht. Von Hans Laußermair. Eigenverlag des Verfassers, Hofgastein 1978. 192 Seiten, öS 218,-.
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