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Von der Taufe bis zur schönen Leich'

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Taufe, „weiße Hochzeit“ und eine „schöne Leich'“ - das läßt sich der Österreicher auch dann nicht entgehen, wenn er zwischen diesen Ereignissen kaum mehr einen Kontakt zur Kirche hat. Da kann es dann aber zum Konflikt kommen, wenn der Pfarrer nicht mehr mitmachen will. Wie aber verhält sich der katholische Journalist, der in seinem Blatt über solche Konfliktfälle zu berichten hat?

Die Katholische Medienakademie setzte die Frage einer zeit-

gemäßen Sakramentenpastoral in den Mittelpunkt ihres ersten Fortbildungsseminars, das vor kurzem im Bildungshaus St. Bernhard in Wiener Neustadt ablief.

Den Anstoß zur Themenwahl gab ein Vorfall in Kärnten im Herbst des vergangenen Jahres: Eine junge Frau war einem Herzversagen erlegen - in der Wohnung ihres Freundes, mit dem sie zusammenlebte, ohne mit ihm verheiratet zu sein. Der Pfarrer ihrer Heimatgemeinde verweigerte das kirchliche Begräbnis mit der Begründung, die jungen' Leute hätten heiraten können, aber noch nicht wollen. Die Aufregung im Ort war beträchtlich und beschäftigte auch die lokale Presse, die objektiv berichtete, obwohl sie sich von den kirchlichen Instanzen mehr Informationsbereitschaft erhofft hatte.

Pfarrer Josef Ernst Igler aus der Per-Albin-Hansson-Siedlung gab aus seiner Praxis ergänzendes Anschauungsmaterial: In neun Jahren Aufbauarbeit in einer neuen Pfarrgemeinde auf äußerst hartem Boden hat er rund 500 Kinder getauft. Bei 20 von ihnen gab es anfangs Schwierigkeiten, weil mit größter Nachsicht die geforderte christliche Erziehung des Täuflings nicht gesichert schien.

Aber nur fünf Taufen wies Pfarrer Igler - vorläufig - zurück, um weiter daraufhinzuarbeiten, diese Voraussetzungen zu schaffen. Und er gab zu, bei strengerer Auslegung der Regeln hätte er bei mindestens 100 Taufwerbern nein sagen müssen.

Können die Aussagen des Kirchenrechts den Überlegungen

einer modernen Seelsorge entsprechen? Professor Wilhelm Zauner (Linz) und Prof. Josef Müller (Wien) durchleuchteten speziell die Taufe, dann auch die anderen Sakramente aus dem Verständnis, wie es das Zweite Vatikanum entstehen ließ.

Früher wurde gelehrt, daß unschuldige Kinder, die ungetauft starben, in einem Vorhof des Himmels Aufnahme fänden, weil sie der Taufgnade nicht teilhaftig j würden. Solche Auffassungen haben sich längst „verflüchtigt“,

wie Prof. Zauner meinte; selbst Kardinal Ottaviani bezeichnete sie während des Konzils als „Erfindung der Theologen“.

Taufe ist Aufnahme: in die Kirche, in die Gemeinde, in die Mitverantwortung aller Beteiligten. Die unerschöpfliche Liebe Gottes - was ist Gnade anderes? - von einem Ritus abhängig machen, hieße doch, ihr Schranken anlegen zu wollen.

Taufe, Trauung, Begräbnis aber bieten dem Seelsorger mitunter die einzigen Gelegenheiten, mit Menschen ins Gespräch zu kommen, die der Kirche fernstehen. Gerade der geistliche Beistand beim Todesfall kann den Angehörigen Hilfe bieten, über den Verlust hinwegzukommen. Den Toten selbst müssen wir der Barmherzigkeit Gottes überlassen.

Das gute Dutzend von Redakteuren aus Tages- und Wochenzeitungen, das am Seminar teilnahm, hatte von so manchem anderen Fall zu berichten, bei dem es galt, die Verantwortung gegenüber dem Informationsauftrag und jene gegenüber der Privatsphäre der Beteiligten und nicht zuletzt gegenüber dem eigenen Gewissen abzuwägen.

Der Auftrag, nach bestem Wissen und Gewissen zu recherchieren, alle Parteien zu hören, ihre Aussage abzuwägen und dann erst zu berichten, gilt für alle Journalisten. Dem christlichen Journalisten aber wird das Wissen um die theologischen Aussagen -im gegebenen Themenbereich etwa um die Sakramentenpastoral - die Entscheidung im Sinn einer höheren Verantwortung erleichtern,

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